Sommerfest 30 Jahre Sozialpsychiatrisches Zentrum SPZ


Archivmeldung aus dem Jahr 2017
Veröffentlicht: 06.07.2017 // Quelle: Bernhard Marewski

Wir dokumentieren hier die Rede, die Bürgermeister Bernhard Marewski heute anläßlich des Sommerfestes "30 Jahre Sozialpsychiatrisches Zentrum SPZ" an der Tagesstätte des SPZ, Manforter Str. 184, anhand seines Manuskriptes


"Sehr geehrte Frau Melchers,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Gäste,

psychische Erkrankungen gehören inzwischen zu den häufigsten Erkrankungsarten unserer Zeit.

Ein augenfälliger Indikator kann hier das Arbeitsleben sein.

Sind die Krankenstände in den letzten Jahren rückläufig, wächst der relative Anteil psychischer Erkrankungen am Arbeitsunfähigkeitsgeschehen.

Er kletterte in den vergangenen 40 Jahren von zwei Prozent auf > 15 Prozent. Die durch psychische Krankheiten ausgelösten Krankheitstage haben sich in diesem Zeitraum verfünffacht.

Während psychische Erkrankungen vor 20 Jahren noch nahezu bedeutungslos waren, sind sie heute dritthäufigste Diagnosegruppe bei Krankschreibung bzw. Arbeitsunfähigkeit.

Besondere Bedeutung und Brisanz erhalten psychische Erkrankungen auch durch die Krankheitsdauer: Die durchschnittliche Dauer psychisch bedingter Krankheitsfälle ist mit 36 Tagen dreimal so hoch wie bei anderen Erkrankungen mit 12 Tagen.

Die direkten Krankheitskosten für psychische Erkrankungen betragen zurzeit knapp 16 Milliarden Euro pro Jahr, im Jahre 2030 schätzt man 30 Milliarden.

Die Kosten steigen für die Unternehmen und die Volkswirtschaft …
und übertreffen bei Weitem die Kosten für die erforderlichen Behandlungen!

Psychische Erkrankungen sind außerdem die häufigste Ursache für krankheitsbedingte Frühberentungen.

Zwischen 1993 und 2015 stieg der Anteil von Personen, die aufgrund seelischer Leiden frühzeitig in Rente gingen, von ca. 15 auf 43 Prozent … bei einem Durchschnittsalter von „nur“ etwa 48 Jahren.

Eine zahlenmäßige Bestandsaufnahme sagt allerdings nichts aus über das individuelle Leiden.
Für jede einzelne Betroffene und einzelnen Betroffenen geht es um eine quälendes Erleben.
Verzweiflung lässt sich nicht in nüchterne Zahlen und Statistiken fassen.

Nach Jahrhunderten der Stigmatisierung hat das beharrliche Bemühen um eine Enttabuisierung allerdings Früchte getragen, auch hier vor Ort.

Einerseits ist ein gut ausgebautes gemeindepsychiatrisches Netzwerk in Leverkusen entstanden.

Andererseits werden bei steigenden Zahlen psychisch erkrankter Menschen auch die Angebote stärker wahrgenommen. Und das ist ganz sicher gut so.

Seit prominente Fußballer und jüngst auch der britische Prinz Harry öffentlich über ihre Depressionen gesprochen haben, können Betroffene auf mehr Verständnis hoffen.

Das war vor 30 Jahren bei der Gründung des „Sozialpsychiatrische Zentrum Leverkusen“ noch nicht so, … damals, als das Zentrum auf Initiative einer Reihe von leitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt Leverkusen gegründet wurde. Es ging darum … und das gilt auch noch heute …

„Hilfen für psychisch Kranke zu bündeln und damit auch chronisch Erkrankten ein Leben „in der Gemeinde“ zu ermöglichen - also außerhalb eines psychiatrischen Krankenhauses.“

Der 1987 entwickelte „Gesundheitsplan“ wurde vor einem Jahr grundlegend überarbeitet und der aktuellen Situation angepasst.
Er listet die vorhandenen Hilfen für psychisch kranke Menschen in Leverkusen auf, … weist aber auch auf Versorgungslücken hin.

Er macht deutlich, wie viel dank engagierter Menschen erreicht wurde, aber auch, welche Behandlungs- und Betreuungsangebote noch erweitert werden sollten.

Es ist auch anerkennenswert, dass das 2016 gegründete „Bündnis gegen Depression“ erfolgreiche Aufklärung über das Krankheitsbild betreibt, … so wie zum Beispiel die Autorenlesung zur „Woche der seelischen Gesundheit“ im Forum Leverkusen im vergangenen Oktober …und gerade erst vor zwei Tagen im Scala Cinema mit dem Dokumentarfilm: „Die Mitte der Nacht ist der Anfang vom Tag“.

Seit Jahren hat die Stadt Leverkusen die Aufgaben des Sozialpsychiatrischen Dienstes dem SPZ anvertraut, das hier gute Arbeit leistet.

Als weiteres Standbein der erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen der Stadt und dem SPZ wird die Betreuung von Kindern und Jugendlichen in einer Hand liegen, wenn sie selbst oder deren Eltern von psychischen Erkrankungen betroffen sind.

Das Programm zum heutigen traditionellen Sommerfest spiegelt einiges von der erfolgreichen Arbeit des Sozialpsychiatrischen Zentrums wieder.

Die Band „Contakto“ und das Tanzprojekt „Gedankennebel“ haben Ausdrucksformen verschiedener Gefühlswelten gefunden und vermitteln ihren Mitgliedern Erfolgserlebnisse und neue Lebensfreude.

Die Freude und das Feiern sollen beim heutigen Sommerfest auch im Vordergrund stehen.

Ich gratuliere – für die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt - dem SPZ und seinem Team aufrichtig zum 30-jährigen Bestehen.

Ihnen allen wünsche ich nun ein sehr schönes Fest und weiterhin viel Erfolg auf Ihrem Weg.

Vielen Dank"


Anschriften aus dem Artikel: Albert-Einstein-Str 58, Alte Landstr 129

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