Ausstellungseröffnung: Michael Schmidt. Lebensmittel


Archivmeldung aus dem Jahr 2012
Veröffentlicht: 04.03.2012 // Quelle: Stadtverwaltung

Anläßlich der Ausstellungseröffnung hielt Oberbürgermeister Buchhorn im Schloß Morsbroich folgende Rede:

"Sehr geehrter Herr Farenholtz [Vorstand und Verwaltungsdirektor des Förderers "Kulturstiftung des Bundes"],
sehr geehrter Herr Ostermann [Vorstandsvorsitzender Deutsche Leasing AG für den Sponsor Sparkassen-Finanzgruppe],
sehr geehrter Herr Dr. Hoppenstedt [ehemaliger Präsident des DSGV und Vorsitzender des Leihgebers "Stiftung für Fotografie und Medienkunst mit Archiv Michael Schmidt"],
sehr geehrter Herr Dr. Dunkel [Vorstandsvorsitzender der NORD/LB],
sehr geehrter Herr Schmidt [Künstler der Ausstellung],
meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich darf Sie sehr herzlich zur Eröffnung der Ausstellung "Lebensmittel" im Museum Morsbroich in Leverkusen begrüßen.

"Lebensmittel" ist das Projekt, an dem der Fotograf Michael Schmidt seit dem Jahr 2006 durchgängig gearbeitet hat. Es findet heute im Schloss Morsbroich seine Uraufführung.

Vielleicht haben Sie, verehrter Herr Schmidt, das Museum Morsbroich ausgewählt, weil es in den vergangenen Jahren international als ein bedeutender Ort für Fotografie wahrgenommen wurde: Gerhard Richter hat hier seine übermalten Fotografien erstmals einem großen Publikum vorgestellt. Candida Höfer hat hier die erste Retrospektive ihres Werks ausgerichtet. Und bis vor wenigen Wochen konnten wir in unseren Räumen noch die Ausstellung des Konzeptkünstlers Christopher Williams erleben.

Vielleicht haben Sie das Schloss aber auch ausgewählt, weil es keinen besseren Ort für die Premiere Ihres Projektes geben kann als ein Rittergut, das seit dem frühen 14. Jahrhundert ein Zentrum der landwirtschaftlichen Produktion war.

Denn das ist das Thema dieser Ausstellung: Die Produktion, die Verarbeitung und auch die Präsentation von Lebensmitteln, die Michael Schmidt in insgesamt 177 Aufnahmen zu einem monumentalen fotografischen Essay zusammengefasst hat.

Was sich in Morsbroich früher einmal draußen vor den Toren abgespielt hat, die Produktion von Lebensmitteln, führt uns Michael Schmidt nun unter den Vorzeichen einer globalen Weltwirtschaft im Inneren des Schlosses vor Augen: Gemüseanbau, Fischzucht, Backbetriebe, Kuhställe oder Obstplantagen.

Diese Umkehrung der Perspektive von Außen nach Innen ist interessant. Denn sie zeigt, wie radikal sich die Kulturen verändert oder sogar in ihr Gegenteil verkehrt haben: Als das letzte Morsbroicher Adelsgeschlechte zum Ende des 19. Jahrhunderts auf dem Höhepunkt seiner Macht angelangt war und diesem Umstand mit den großzügigen baulichen Erweiterungen des Schlosses auch einen sichtbaren Ausdruck verlieh, wurde die Landwirtschaft bereits mit einem rasanten Tempo industrialisiert. Alleine in den vergangenen 100 Jahren hat sich die Produktivität eines einzelnen Bauern in Deutschland etwa um den Faktor 40 erhöht. Er ernährt nicht mehr vier Personen wie noch um das Jahr 1900, sondern rund 150 Personen mit den Erträgen seiner Arbeit.

Die Fotografien von Michael Schmidt führen uns in knappen Bildern vor Augen, was dieser Wandel von einer lokalen zu einer weitgehend anonymisierten, globalisierten Landwirtschaft bedeutet. - Ohne dabei zu übertreiben. Und ohne anzuklagen. - Und doch berührt uns als Betrachter der realistische Blick des Künstlers so sehr, dass er auf eine nachhaltige Weise beklemmend wirkt.

Auch die zweite Umkehrung in dieser Ausstellung ist sehr spannend für uns: Michael Schmidt hat auch fotografiert, wie am Ende der Produktionskette schließlich abgepackte Wurst oder konfektioniertes Obst in den Stiegen und Auslagen der großen Discounter liegen. Und die Frage, wie man etwas präsentiert, das so genannte Display, ist zugleich eine der meist diskutierten Fragen in der aktuellen Kunst.

Auch dieses Gebäude hat in den vergangenen hundert Jahren seine Funktion grundlegend verkehrt: Es hat sich von einem privaten, wohnlichen Ort des Rückzugs zu einem öffentlichen Museum verwandelt, das seine Räume den Fotografien von Michael Schmidt öffnet, um damit Debatten über die Kunst und vor allem die Gesellschaft zu ermöglichen.

Ich freue mich, dass wir bei der Diskussion um die Kunst und unsere Gesellschaft Partner an unserer Seite haben, die ein Projekt wie die "Lebensmittel" von Michael Schmidt ausgesprochen großzügig unterstützen:

Lieber Herr Farenholtz: Die Kulturstiftung des Bundes hat in den vergangenen sechs Jahren vier herausragende Ausstellungen im Museum Morsbroich gefördert. Mit Ihnen zusammen haben wir unter dem Titel "Kavalierstart" den Aufbruch der internationalen Kunst in die Postmoderne erforscht. Mit Ihrer Förderung konnte sich eine Kuratorin des Museums auf den Weg nach Lateinamerika machen und die junge Kunst aus Argentinien, Mexiko, Kuba und Brasilien nach Deutschland holen. Und - daran anknüpfend - haben wir vor etwas mehr als einem Jahr einen eindrucksvollen Blick auf die politische Kunst Argentiniens seit den 1960er Jahren werfen können - ein Projekt, das sowohl im spanischsprachigen Raum als auch hier in Deutschland ein großes Echo hervorgerufen hat.

Als Vorstand und Verwaltungsdirektor der Kulturstiftung des Bundes verantworten Sie, verehrter Herr Farenholtz, das Programm und die Richtung, die Ihre Stiftung einschlägt. Wir danken Ihnen sehr für Ihre Unterstützung und sehen Ihre Förderung auch als eine Auszeichnung der kuratorischen und wissenschaftlichen Arbeit des Museums.

Herr Ostermann vertritt als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Leasing AG die Sparkassen-Finanzgruppe. Der Dachverband der Sparkassen-Finanzgruppe, der Deutsche Sparkassen- und Giroverband, hat ganz entscheidend das Künstlerbuch "Lebensmittel" gefördert und damit das Zustandekommen dieses Projektes ermöglicht.

Das Künstlerbuch ist - genauso wie die von Michael Schmidt für die Räume des Museums entwickelte Hängung - ein eigenes, wunderbar komponiertes Kunstwerk, das ich Ihnen allen sehr ans Herz legen möchte.

Herr Ostermann, ich danke Ihnen herzlich für Ihre persönliche Verbundenheit mit dem Projekt und für die großzügige Unterstützung der Sparkassen-Finanzgruppe!

Ihnen, meine Damen und Herren, wünsche ich einen spannenden Ausstellungsbesuch und viele anregende Gespräche. Diese Ausstellung bietet reichlich Anlässe dazu."

Die Ausstellung ist bis zum 13. Mai zu besichtigen.


Anschriften aus dem Artikel: Albert-Einstein-Str 58, Alte Landstr 129

Kategorie: Kultur
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