40 Jahre Pro Familia


Archivmeldung aus dem Jahr 2010
Veröffentlicht: 06.10.2010 // Quelle: Stadtverwaltung

Bürgermeisterin Eva Lux hielt anläßlich von 40 Jahre Pro Familia im Schloss Morsbroich folgende Rede:

"Meine sehr geehrten Damen und Herren,

1952 wurde „pro familia“ in Deutschland gegründet, 1970 in Leverkusen. Es war die Zeit der Debatte über die Reform des Paragraphen 218. Die Frauenbewegung forderte in vielen Demonstrationen die Abschaffung des § 218 StGB. 1971 titelte der STERN mit „Mein Bauch gehört mir“ und Prominente wie die Schauspielerin Romy Schneider oder das Model Veruschka von Lehndorf bekannten „Wir haben abgetrieben!"

In dieser Zeit kamen mehrere Entwürfe zur Reform des Abtreibungs-Strafrechts in den Bundestag, eine Fristenlösung wurde 1972 verworfen. Die Indikationslösung wurde nach Neufassung des § 218 StGB am 18. Mai 1976 für mehr als zehn Jahre die Regel. Schwangerschaftsabbruch blieb ein Straftatbestand - allerdings blieb er jetzt in vier Fällen straffrei: bei einer medizinischen, kriminologischen, eugenischen oder Notlagenindikation.

Die Beratung durch eine Beratungsstelle wie „pro familia“ war vorgeschrieben. Schwangerschaftskonfliktberatung wurde somit auf Jahre eines der Hauptbetätigungsfelder auch bei „pro familia“ - und blieb es noch nach der Neuregelung des Schwangeren- und Familienhilfegesetz am 26. Juni 1992. Seitdem gilt zwar eine Fristenregelung bei Schwangerschaftsabbrüchen - aber immer noch mit Beratungspflicht.

Auch in Leverkusen liegt bei „pro familia“ der Anteil der Beratungen im Zusammenhang mit dem Paragraphen 218/219 bei 41 Prozent, allerdings, so der Jahresbericht 2009, hat die Zahl dieser Beratungen abgenommen, zugunsten einer Schwangerenberatung, die sich vor allem mit der Frage beschäftigt: Was gibt es im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburt für Rechte und Unterstützungsmöglichkeiten.
Ein Beratungsanlass, den der Jahresbericht sehr in den Vordergrund stellt, ist allerdings auch die Konfliktberatung, wenn es in der Schwangerschaft heißt „Das Kind ist nicht gesund“. Eben noch glücklich und schwanger, stürzen Eltern in tiefe Trauer und Unsicherheit bei der Frage: „Können wir, sollen wir überhaupt die Schwangerschaft fortsetzen?“

Dass das bei weitem nicht nur ein medizinisches Problem ist und die betroffenen Mütter und Väter mehr als medizinische Fakten brauchen, liegt auf der Hand.

Um die manchmal schwierigen Gespräche und Situationen professionell und einfühlsam gestalten zu können, sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von „pro familia“ Fachleute. Sie sind Ärzte, Sozialpädagogen oder Psychologen. Außerdem nehmen sie regelmäßig an Fortbildungen teil.

Mit ihren sozialpädagogischen Angeboten gehen sie auch in Schulen und wirken an Arbeitskreisen vor Ort mit. „B. wie Bedenkzeit“ heißt zum Beispiel ein Projekt, das 2007 zum erstenmal, inzwischen schon an mehreren Schulen durchgeführt wurde - an Hauptschulen wie an Gymnasien. Dabei bekommen junge Mädchen von „pro familia“ einen Baby-Simulator für eine ganze Woche, also eine Puppe, die programmiert ist, all das zu tun, was ein echter Säugling auch tut. Sprich, sie brüllt - und lässt sich nicht abstellen, braucht Zuwendung, jammert, ohne, dass der Grund ersichtlich ist, muss gefüttert und trockengelegt werden und lässt die jungen Mütter manchmal kaum schlafen. Der erzieherische Nutzen liegt auf der Hand: Die Mädchen spüren, was eine frühe Mutterschaft bedeuten würde. Sie werden außerdem informiert etwa über Verhütung, reflektieren ihre Zukunftspläne - und sind mit großer Wahrscheinlichkeit nach diesem Projekt davor geschützt, ungewollt schwanger zu werden. Natürlich auch davor, eine Abtreibung durchführen lassen zu müssen. Denn das ist immer besser, als diese letztlich doch traumatische Situation erleiden zu müssen. So schließt sich auch inhaltlich der Kreis bei „pro familia“.

Ich danke für 40 Jahre erfolgreiche Arbeit bei „pro familia“ und bin gespannt auf den Verlauf des Abends.


Anschriften aus dem Artikel: Alte Landstr 129, Albert-Einstein-Str 58

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