"Stolz auf die Entwicklung"


Archivmeldung aus dem Jahr 2007
Veröffentlicht: 08.12.2007 // Quelle: Bayer 04

Vier Siege in Folge in der Bundesliga, Vierter in der Tabelle: Vor dem letzten Heimspiel gegen Rostock darf Bayer 04-Trainer Michael Skibbe natürlich ein positives Fazit der Hinrunde ziehen.

Herr Skibbe, als wir uns im letzten Jahr trafen, um eine Zwischenbilanz auf die Hinrunde der Saison 06/07 zu ziehen, da waren Sie nicht ganz so gut gelaunt....
SKIBBE: Ja, da sah die sportliche Situation etwas anders aus. Aber wir sind ja auch jetzt noch nicht ganz durch. Wir haben noch drei Spiele zu absolvieren. Ganz wichtig wird sein, dass wir im UEFA-Cup überwintern wie in der Vorsaison. Und in der Bundesliga dürften es auch noch ein paar Punkte sein, damit wir uns am Ende wirklich vorne festgesetzt haben.

Was hat Bayer 04 in dieser Hinrunde besser gemacht, als im vergleichbaren Zeitraum des vergangenen Jahres?
SKIBBE: Ich bin davon überzeugt, dass wir insgesamt besser verteidigen als Mannschaft, ohne defensiv zu spielen. Wir versuchen, schnell und aggressiv Pressing aufzubauen im Mittelfeld und den Gegner zu Fehlern zu zwingen. Was uns mit Ausnahme der zwei Saisonspiele im Pokal bei St. Pauli und in der Bundesliga beim HSV stets gelungen ist: Wir haben immer gut Fußball gespielt.

Ist die deutliche Verbesserung der Defensivarbeit also der Grundpfeiler des Erfolgs?
SKIBBE: Absolut. Defensive Stabilität gepaart mit fußballerischer Qualität ist eigentlich das, was unsere Mannschaft auszeichnen muss. Und das hat sie bisher über weite Strecken auch sehr gut umgesetzt. Wir haben aber natürlich sehr viele junge Spieler, die noch in der Entwicklung sind. Was der Mannschaft aber sehr hoch anzurechnen ist: sie hat in den knapp zehn Wochen, die Bernd Schneider ausgefallen ist, genauso überzeugen können, wie in der Zeit mit Schnix. Und das drückt eben auch die Qualität des Teams aus.

Auch Carsten Ramelow und Paul Freier fehlten längerfristig wegen Verletzungen. Hatten Sie keine Befürchtungen, dass das ohne diese Stammkräfte schwierig werden könnte?

SKIBBE: Nein, da wir schnell gut weitergespielt haben, wurde es ja nicht problematisch. Trotzdem bin froh, dass Carsten, Paul und Bernd wieder an Bord sind. Mit ihnen sind wir noch mal den Tick weniger ausrechenbar und gewinnen natürlich noch an Stabilität durch Erfahrung. Das tut der Mannschaft gut.

Das Erstaunliche ist ja, dass alle diese Spieler, die nach Verletzungen wieder reinkamen, sofort funktionierten, als wären sie nie weggewesen. Da darf man als Trainer doch stolz sein, dass ein Rädchen so wunderbar ins andere greift...
SKIBBE: Ja, das kann man bis heute so sehen. Es fügt sich wirklich ganz gut zusammen. Wir haben eine gute Entwicklung in unserer Mannschaft. Was mich als Trainer auch total freut, ist, das wirklich alle Spieler gerne bei uns bleiben möchten. Es gab ja immer wieder den Fall, dass es Spieler weggezogen hat vom Klub. Deshalb bin ich sehr froh, dass Simon Rolfes seinen Vertrag bei uns verlängert hat, das Gonzalo Castro und René Adler ihre Verträge verlängert haben. Ich finde, das sind ganz wichtige Indizien für den Aufschwung, den wir gerade erleben.

Vor dieser Saison hatten Sie angemahnt, dass man die Erwartungen nicht zu hoch schrauben sollte. Immer wieder haben Sie betont, dass dies ein Übergangsjahr werden würde. Waren Sie zu skeptisch?
SKIBBE: Nein, der Saisonstart lief ja fast wie befürchtet. Wir hatten Schwierigkeiten, in die Saison zu finden. Wir hatten zwar viele Torchancen, waren aber zu wenig kaltschnäuzig vor dem Tor und haben im Verlauf der Spiele immer ein bisschen an Selbstvertrauen verloren - und das hat uns anfangs schon Punkte gekostet. Aber die Mannschaft hat sich dann schnell gefangen. Nun haben wir noch zwei Meisterschaftsspiele und eine UEFA-Cup-Partie vor der Brust. Es kann sich auch vieles noch in andere Richtungen entwickeln. Ich bin da immer sehr vorsichtig, weil ich eben auch schon zu viel im Fußball erlebt habe. Man sollte möglichst immer dann kleine Brötchen backen, wenn's einem gut geht.

Es waren vor der Saison ja auch viele Fragen offen. Zahlreiche Neuzugänge mussten integriert, der Weggang von Juan kompensiert werden. Würde der Knoten bei Stefan Kießling platzen, könnte Gekas an seine Form in Bochum anknüpfen und wie würde sich Barbarez machen?
SKIBBE: Von der Qualität der Mannschaft waren wir auch vor der Saison schon überzeugt. Deshalb haben wir ja auch gesagt, dass wir mit dem Umbau des Stadions auch eine Mannschaft entwickeln wollen, die dann in der Lage sein wird, wieder ganz oben mitzuspielen, also auch um den Titel mitzuspielen. Aber natürlich muss man immer schauen, wie sich die jungen Spieler entwickeln. Ob beispielsweise ein Gonzalo Castro bei all dem Talent, das er mitbringt, dann auch tatsächlich eine stabile Größe wird. Oder wie ein Arturo Vidal in die Mannschaft hineinwächst. Wie sich die anderen Neuzugänge etablieren. Das alles hat erfreulich schnell funktioniert bei uns und deshalb stehen wir sicher zu Recht weit vorne in der Tabelle. Trotzdem: Wir haben immer noch ein gutes Stück Abstand zu den Mannschaften, die vor uns sind. Und deshalb müssen wir uns mit den Gegnern beschäftigen, die direkt um uns herum sind. Wir haben sechs Punkte Rückstand auf Platz zwei, aber nur zwei Punkte Vorsprung auf Platz sechs. Das heißt, wir werden uns vor allem auf die Auseinandersetzung mit den Mannschaften konzentrieren, die mit uns um die UEFA-Cup-Plätze konkurrieren.

Dass sich alles so prächtig gefügt hat, dürfen Sie sich getrost auch auf Ihre Fahnen schreiben lassen. Sind Sie stolz auf die eigene Arbeit?
SKIBBE: Nein, darauf bin ich nicht stolz. Ich bin stolz auf die Entwicklung der Mannschaft. Und da arbeiten immer ganz viele Personen dran. Wer versucht, sich selbst damit zu schmücken, der macht einen großen Fehler. Das Teamwork, das wir hier bei Bayer 04 haben, ist ausgesprochen gut. Die Verlässlichkeit von Wolfgang Holzhäuser, Rudi Völler, Michael Reschke bis hin zu meinem Trainer- und Betreuerstab hier unten in den Katakomben ist sehr hoch. Es ist die Leistung von uns allen, dass wir es geschafft haben, einen Umbau auf ziemlich hohem Niveau hinzukriegen.

Neben den vielen jungen Talenten im Team dürfen wir natürlich Sergej Barbarez, den Vater der Kompanie, nicht vergessen. Er hat die Spielmacherrolle so überragend ausgeübt, dass jetzt selbst die so kritischen Fans ihn in ihr Herz geschlossen haben. Sie könnten sich jetzt hinstellen und mit Recht sagen: Ich hab's Euch doch immer gesagt, dass Sergej ganz wichtig für uns ist....
SKIBBE: Aber da empfinde ich keine Genugtuung. Er wurde natürlich über lange Zeit ganz kritisch beobachtet, nicht zuletzt, weil auch über die Medien kolportiert wurde, Sergej wäre eigentlich lieber in Hamburg geblieben und er würde sich hier nur auf der Durchreise befinden. Dementsprechend freue ich mich für ihn, für mich und für uns alle, dass er jetzt hier den Durchbruch im Klub tatsächlich geschafft hat. Wie das immer so ist, die gleichen Medien, die vor eineinhalb Jahren auf Sergej und auf uns einprügelten, sind heute diejenigen, die sagen, mit dem muss man doch jetzt unbedingt ganz schnell verlängern. Ich habe ja schon bei Borussia Dortmund mit ihm zusammengearbeitet, und er war damals auch schon ein kritischer Geist, der nicht von allen wohlwollend betrachtet wurde. Das war auch eine Weile beim HSV so. Das liegt vielleicht ein wenig an seiner Spielweise, die mutig, nahezu waghalsig ist auf dem Weg nach vorne, die immer eine gewisse Lässigkeit und Ruhe hat, aber natürlich auch eine technische Perfektion. Ich bin sehr froh, dass er sich nicht von seiner Art, Fußball zu spielen abbringen lässt. Denn das, was er jetzt zeigt, ist ja die Qualität, die Sergej Barbarez seit etwa einem Jahrzehnt in der Bundesliga demonstriert.

Was sagt Ihnen Ihr Gefühl: Wird er noch ein Jahr dranhängen bei Bayer 04?
SKIBBE: Ich bin davon überzeugt, dass er sehr gerne noch ein weiteres Jahr bei uns bleiben möchte. Sie können mir glauben, ich würde im Leben nie auf einen Spieler verzichten wollen, der auf einem solchem Niveau wie Sergej spielt.

Eine andere höchst erfreuliche Entwicklung hat Stefan Kießling genommen....
SKIBBE: Absolut. Er sieht mehr und mehr, dass er bei aller Qualität, die er mitbringt, auch unglaublich an sich arbeiten muss. Seine größten Stärken, nämlich seine Laufbereitschaft und seinen unbändigen Willen, die muss er auch in jedem Spiel zeigen, weil das die Qualität ist, die ihn zu Bayer 04 gebracht hat, die ihn zum Nationalspieler gemacht hat. Er weiß, dass er bei uns sehr gut aufgehoben ist. So wie wir immer überzeugt waren, dass er bei uns den Durchbruch schaffen würde, trotz der sehr schlechten Hinrunde, die er in seiner ersten Saison gespielt hat. Wir wussten, dass er eine Investition in die Zukunft ist, so wie viele andere bei uns auch.

So wie zum Beispiel auch Theofanis Gekas...
SKIBBE: Ja, auch wie Fanis. Er hat immer noch etwas Sprachprobleme, ist aber ein ausgesprochen guter und cleverer Stürmer. Er hat ein richtiges Näschen vor dem Tor, weiß, wann er wo zu stehen hat. Er schließt mit links, mit rechts, mit dem Kopf gut ab. Er hat sieben Tore erzielt und trotzdem bei den vielen Chancen, die er hatte, noch nicht die Trefferquote, die er eigentlich hätte haben können. Er wird sich sicher noch viel besser bei uns machen, wenn er auch die sprachlichen Probleme beiseite gelegt haben wird. Wir dürfen uns in den nächsten Jahren sicher noch auf viele Gekas-Tore für Bayer 04 freuen.

Erstaunlich schnell harmonierte die neu formierte Abwehrreihe. Auch damit war nicht unbedingt zu rechnen gewesen....
SKIBBE: Mich freut ganz besonders die Entwicklung bei einzelnen Spielern. Ganz bsonders die von Karim Haggui, der ja ein ganz schweres erstes Jahr bei uns hatte und Fehler über Fehler in seinem Defensivspiel gemacht hat. Und der jetzt wie befreit wirkt und viel sicherer ist in seinem ganzen Spiel. Das hängt mit der Neuformierung der Abwehr zusammen. Auf der linken Seite haben wir uns mit Hans Sarpei und Vratislav Gresko erfahren verstärken wollen, weil wir ansonsten schon sehr jung im Defensivbereich sind. Beide machen ihre Aufgabe sehr gut. Bei Manuel Friedrich waren wir uns im Vorfeld sicher, dass er der spielstarke Organisator in unserer Abwehr werden würde. Das wichtigste aber ist, dass die Abwehrspieler nicht auf sich alleine gestellt sind, sondern dass wir als Mannschaft taktisch viel geschickter verteidigen, als dass in der letzten Saison der Fall war. Mittlerweile haben wir Laufwege so gut abgestimmt, dass wir den Gegner fast permanent unter Druck setzen können. Ein ganz wichtiger Garant für unsere wenigen Gegentore ist natürlich auch René Adler, der sein unglaubliches Talent nahezu in jedem Spiel unter Beweis stellt.

Sie haben vorhin schon Arturo Vidal angesprochen. Er scheint nicht nur wegen seiner fußballerischen Qualitäten, sondern auch wegen seines Temperamentes ein sehr belebendes Element innerhalb der Mannschaft zu sein...
SKIBBE: Ja, Arturo ist so ein richtiger Sunnyboy. Ein sehr mutiger Spieler, was ich gerade bei so jungen Fußballern immer außerordentlich schätze, dass sie draufgängerisch sind. Das macht er sehr gut. Ab und an gibt es noch ein paar Sprachbarrieren. Aber Arturo hat direkt gezeigt, dass er eine ganz lohnende Investition für Bayer 04 ist.

Platz fünf ist das angestrebte Ziel gewesen. Jetzt sind Sie bereits auf dem vierten Platz und haben in der Liga einen richtigen Lauf. Und vielleicht können Sie sogar noch ein bisschen klettern in der Tabelle...
SKIBBE: Wir haben vier Mal in Folge gewonnen, das ist eine schöne Serie, die wir gerne gegen Rostock fortsetzen wollen. Aber wir müssen auch immer sehen, dass die Qualität der Gegner groß ist. Wir hatten in der ersten Halbzeit gegen Duisburg unsere liebe Mühe. Ich kann immer wieder nur appellieren: Man gewinnt Spiele in der Bundesliga nicht im Vorbeigehen. Wir wissen, dass wir spielstark sind, sicher auch spielstärker als Rostock. Aber das alleine gibt nicht immer den Ausschlag darüber, ob man ein Spiel auch gewinnt.

Den Saisonabschluss bildet in der Bundesliga die Partie bei Werder Bremen. Das verspricht noch mal ein Fußballfest zu werden...
SKIBBE: Es ist schön, dass ein solches Spiel den Abschluss in der Bundesliga-Hinrunde bildet. Es sind beides sehr offensiv ausgerichtete Mannschaften, deshalb gibt's auch meist sehr attraktive Spiele zwischen den beiden Teams.

Als Vorbereitung auf die Rückrunde fahren Sie mit Ihrem Team ins Trainingslager in die Türkei. Woran werden Sie schwerpunktmäßig arbeiten?
SKIBBE: Wir werden versuchen, unsere Defensivstrategie zu verfeinern. Wir wollen noch schneller und geschickter kombinieren. Darüber hinaus werden wir bei einigen Spielern, die lange verletzt waren, körperliche Defizite aufarbeiten müssen. Dazu gehören Bernd Schneider, auch Paul Freier noch, jetzt Arturo Vidal.


Anschriften aus dem Artikel: Albert-Einstein-Str 58, Alte Landstr 129

Kategorie: Sport
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