Der Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach beschäftigte sich gestern im Rahmen einer Bürgerversammlung im Forum mit den Auswirkungen der Verkehrspolitik auf die Gessundheit. Wir dokumentieren hier seine Zusammenfassung
"Ende Juni erschien in einer der wichtigsten Fachschriften für Medizin eine Studie zu den Gefahren des Feinstaubs, die einen Meilenstein in der Erforschung der Frage nach der Schädlichkeit von Feinstaub darstellt. Ein Team der Harvard School of Public Health, wo auch ich seit fast 20 Jahren meine Gastprofessur habe, hat bei 60 Millionen Amerikanern insgesamt 22 Millionen Todesfälle über 12 Jahre ausgewertet. Die Ergebnisse der Studie bestätigen mit noch nie dagewesener Präzision das, was auch andere Studien schon nahegelegt haben. Die wichtigsten Ergebnisse haben große Bedeutung nicht zuletzt für Leverkusen.
Zunächst kann man sehen, dass es für Feinstaub keine sichere untere Dosis gibt.
Genau wie beim Rauchen schadet Feinstaub von der niedrigsten Konzentration an, und es gibt auch keine Grenze des Schadens nach oben. Das heißt, dass selbst ein Raucher durch Feinstaub sein Sterblichkeitsrisiko weiter steigert. Die Dosis-Wirkungsbeziehung zeigt, dass pro 10 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter die Sterblichkeit zwischen 8 und 10 % steigt.
Eigene Berechnungen auf der Basis dieser Studie und anderer Studien lassen mich zu dem Schluss kommen, dass pro Jahr zwischen 140 und 200 Leverkusener an den Folgen des Feinstaubs sterben, die im Durchschnitt sonst noch 10 Jahre gelebt hätten. Diese Berechnung setzt auf den bekannten Feinstaubmesswerten in Leverkusen und einer realistischen Absenkung durch Verkehrsmaßnahmen um durchschnittlich 10 Mikrogramm pro Kubikmeter auf, was etwa einer Senkung des Niveaus um ein Drittel bis zur Hälfte gleichkäme. Da mittlerweile auch als gesichert gilt, dass Feinstaub zu Demenz führen kann und den Verlust der Merk- und Denkfähigkeit im Alter beschleunigt, muss ehrgeizig gegen diese Gefahren vorgegangen werden. Verharmlosung ist verantwortungslos, es geht hier nicht um die Frage Luftkurort oder Industriestadt, sondern schlicht um eine realistische Senkung, die auch darüber entscheiden wird, wer in Zukunft in Leverkusen leben will. Da die Gefahren des Feinstaubs in Zukunft als das neue Rauchen diskutiert werden, wird das Thema in den nächsten Jahren massiv an Fahrt gewinnen.
Wie kann dieses Ziel erreicht werden?
Zunächst ist die Verlagerung des Autobahnverkehrs in Tunnellagen die wichtigste Möglichkeit.
Mit drei Autobahnen im Stadtgebiet und mehreren 100.000 Fahrzeugen pro Tag, überwiegend Dieselfahrzeuge, kann ein solches Ziel ohne die Tunnellage großer Teile der A1 und der A3 nicht umgesetzt werden. Während die Tunnelführung der A3 von der Ausfahrt Leverkusen bis zur Ausfahrt Opladen als technisch machbar und unbedingt umzusetzen bewertet werden kann, bleibt die Frage nach der besten Tunnellösung für die A1. Ich habe mich selbst mit diesem Thema sehr intensiv im letzten Jahr befasst und bereits am 9. Januar einen öffentlich viel diskutierten Vortrag gehalten. Seitdem bin ich mit den Bürgerinitiativen und auch den amtlichen Stellen eng im Kontakt und mir scheint Folgendes geboten zu sein: Zunächst ist es unstrittig, dass ein längerer Tunnel, also die sogenannte Kombilösung, dem kurzen Tunnel als Ersatz für die Stelze zu bevorzugen wäre. Es lässt sich damit mehr Verkehrsfeinstaub für Leverkusen vermeiden. Somit muss gelten: Soviel Tunnel wie möglich.
Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es aber 5 Fragen, die nach Sicht aller Gutachten und Materialien noch nicht geklärt sind, und die zum Schluss darüber entscheiden werden, ob eine Kombilösung möglich ist: