Leichtathletik in Leverkusen ist mit dem Namen Gerd Osenberg unauflöslich verknüpft. Der Erfolgstrainer, der am Dienstag (11. April) 80 wird, gilt als der nationale Meistermacher schlechthin. Seine Schützlinge holten insgesamt elf Olympiamedaillen, darunter vier goldene. Den TuS 04 Leverkusen machte der Jubilar zur regelrechten Leichtathletik-Hochburg – und wurde auch nach seiner Pensionierung kein bisschen müde.
Die Laufbahn als Gymnasiallehrer schien vorprogrammiert. In Göttingen und Mainz hatte Gerd Osenberg Sport, Mathematik und Physik studiert und sein Referendariat erfolgreich absolviert. Doch aus dem Posten des Studienrates wurde dann doch nichts. Den Stabhochspringer (Hausrekord 3,94 Meter), der nebenbei bereits beim LV Niederrhein als Honorartrainer für die Weitspringerinnen zuständig war, ereilte der Ruf des TuS 04 Leverkusen. 1965 übernahm der gebürtige Radevormwalder beim Werksverein das Amt des Cheftrainers.
Fortan hievte er zahllose Talente auf Weltklasse-Niveau - mit der ihm eigenen Begeisterungsfähigkeit, seinem immensen Ideenreichtum und psychologischem Einfühlungsvermögen. Insgesamt sammelten seine Schützlinge elf Olympiamedaillen - davon vier goldene. Allein sieben Athletinnen brachte Gerd Osenberg 1972 bei den Olympischen Spielen in München an den Start. Mit zweimal Gold, zweimal Silber und einmal Bronze avancierte er dort zum erfolgreichsten deutschen Klubcoach überhaupt.
„Im Pferderennsport wohl Preisgeld-Millionär“
„Gerd Osenberg konnte jede leichtathletische Disziplin trainieren und Sportler in die Weltspitze bringen. Hätte man ihn als Trainer im Pferderennsport eingesetzt, wäre er wohl Preisgeld-Millionär geworden“, sagte Joachim Strauss, beim TSV Bayer 04 Leverkusen Leiter der Leichtathletik-Abteilung, Ende November 2015 anlässlich der 50-jährigen Vereinszugehörigkeit des Meistertrainers. Auf eine ebenso lange Mitgliedschaft blickt seine Vorzeige-Athletin, die Doppel-Olympiasiegerin Heide Ecker-Rosendahl zurück.
Vier weitere Osenberg-Schützlinge wurden ebenfalls zur nationalen „Sportlerin des Jahres“ gewählt: Liesel Westermann-Krieg, eine der weltbesten Diskuswerferinnen der 1960er und 1970er Jahre, die Hochsprung-Olympiasiegerinnen Ulrike Nasse-Meyfarth und Heike Henkel sowie Ellen Wessinghage, geborene Tittel, 1971 EM-Dritte über 1.500 Meter. Auf den Sieg in der Deutschen Mannschaftsmeisterschaft (DMM; heute Team-DM) hatten die Leverkusener über 20 Jahre sozusagen ein Abonnement.
Seit 2002 im „Unruhestand“
2002 ging Gerd Osenberg in Rente, stellte sich aber weiterhin als Leichtathletik-Übungsleiter zu Verfügung. So holte sich unter anderem der nationale Stabhochsprung-Rekordler Björn Otto (ASV Köln) bahnbrechende Tipps beim Routinier. Der zweifache Dreisprung-Olympiateilnehmer Randy Lewis aus Grenada wurde 2008 von Gerd Osenberg gecoacht, als er in Karlsruhe mit 17,27 Metern Hallen-Landesrekord sprang und sich später auf 17,49 Meter steigerte.
„Durch ihn verstehe ich den Dreisprung jetzt viel besser“, sagte der großgewachsene Weitenjäger damals. Drei Jahre zuvor hatten sich die beiden kennengelernt. Damals war Randy Lewis, der vorher in den USA gelebt hatte, in Europa und trainierte währenddessen auch in Leverkusen. Er fragte Gerd Osenberg, ob er sein Coach werden wolle. Dieser bejahte prompt.
Sachverstand wohl dem Sohn vererbt
Marc Osenberg, einer von drei Söhnen, wandelt zumindest ansatzweise auf den Spuren seines Vaters. Als aktiver Stabhochspringer belegte er 1988 bei der U20-WM Platz zehn, als Trainer brachte der 46-Jährige Rens Blom (Niederlande) 2005 zum Weltmeistertitel. Als Meetingdirektor zieht er unter anderem beim Düsseldorfer PSD-Bank-Meeting die Strippen, als Athletenmanager besorgt er seinen etwa 20 Schützlingen lukrative Wettkampf-Starts, ist der Leichtathletikszene also eng verbunden.
Dadurch dürfte die Leichtathletik auch bei der familieninternen Geburtstagsfeier Thema sein. Mit Repräsentanten des TSV Bayer 04 Leverkusen, die die menschlichen Qualitäten des Jubilars ebenso schätzen wie seine sportfachlichen, trifft Gerd Osenberg sich nach Ostern zum Essen. Und natürlich, um in Erinnerungen zu schwelgen. Frühere Schützlinge haben dazu eine Überraschung vorbereitet – einzigartig, ungewöhnlich, Aufsehen erregend. Wie das Lebenswerk von Gerd Osenberg.