Am Ende, als nach 60 hochdramatischen Minuten das 28:27 auf der Anzeigetafel zementiert war, als nichts mehr schiefgehen konnte, da brachen bei dem Leverkusener Juniorteam und seinen Anhängern auf der Tribüne der gewaltigen Leipziger Arena alle Dämme. In einer Jubeltraube feierte und genoss die Mannschaft um die überragende Linksaußen Kim Braun und die unerschrockene Torhüterin Vanessa Fehr die zweite Deutsche A-Jugend-Meisterschaft in vollen Zügen. "Ich freue mich so richtig", sagte Leverkusens Handball-Abteilungsleiter Andreas Thiel und hob die beiden genannten Spielerinnen besonders hervor: "Kim und Vanessa können vom Alter her sogar noch B-Jugend spielen. Es ist eine tolle Sache, dass sie so nervenstark und erfolgreich in der A-Jugend auftrumpfen."
Als großer Favorit, der immerhin souverän und ungeschlagen durch die Saison marschiert war, trat das Juniorteam von Trainerin Kerstin Reckenthäler in Leipzig an. "Wir hatten deutlich mehr Druck als im letzten Jahr", sagte die ehemalige Nationalspielerin, die am Saisonende dem Beruf den Vorzug gibt und den Verein nach dreieinhalb erfolgreichen Jahren verlässt: "2013 waren wir einfach schon froh, dass wir überhaupt das Final Four erreicht hatten und haben uns in der Rolle des Jägers sehr wohl gefühlt. Dieses Mal waren wir eindeutig die Gejagten."
Und der Gegner im Finale, die HSG Badenstedt aus Hannover, blies gegen den Favoriten mächtig zur Jagd. Nach dem 2:1 durch Kapitän Johanna Heldmann in der siebten Minute liefen die "kleinen" Elfen in der ersten Hälfte unentwegt einem Rückstand hinterher. Mal waren es zwei, zwischenzeitlich drei und dann sogar vier Tore, die das Juniorteam zurücklag, doch jedes Mal kämpfte sich die Truppe um die unermüdlich rackernde Anna Seidel, die treffsichere Linkshänderin Johanna Heldmann (9 Tore) und die wieselflinke Kim Braun 8 Tore) auf der Linksaußen-Position zurück. Mit einer 13:12-Führung ging Leverkusen in die Halbzeitpause, ehe die zweite Hälfte die Nerven von Spielerinnen, Betreuern und Zuschauern aufs Äußerste strapazierte.
Zunächst hielt Leverkusen eine Zwei-Tore-Führung,doch dann kam die HSG Badenstedt näher und näher. Aber da waren ja Vanessa Fehr, die ein ums andere Mal abwehrte, und KIm Braun,die auf der linken Seite immer wieder durchzog, oft klug bedient von Kristina Logvin, Pia Adams oder Anna Seidel. Abschütteln ließ sich Badenstedt dennoch nicht, immer wieder kam der Gegner heran, zwei Minuten vor dem Ende hieß es 26:26. Dann trafen Heldmann und Ramona Ruthenbeck zum 28:26, und Badenstedt gelang nur noch der Anschlusstreffer. Kim Braun wurde im Anschluss als beste Leverkusener Spielerin der Partie ausgezeichnet.
Der zweite Titel für das Juniorteam ist ein weiterer Meilenstein in der hervorragenden Jugendarbeit, die seit Jahren unter dem Bayer-Kreuz geleistet wird. "Dass es uns bei den Erfolgen der Jugendmannschaften außerdem immer wieder gelingt, junge Spielerinnen in die Bundesliga zu führen, ist beachtlich und zeigt, wie fundiert unsere Arbeit an der Basis ist", sagte Andreas Thiel. Der ehemalige Weltklasse-Keeper arbeitet regelmäßig mit den Torhüterinnen des Vereins, zu seiner Trainingsgruppe wird vermutlich in allernächster Zukunft auch Vanessa Fehr gehören. Thiel bescheinigte der 16-Jährigen jedenfalls am Sonntag in Leipzig ein "gutes Torhüter-Verhalten".
Bei aller Freude über den zweiten Titel in Folge wird es das erfolgreiche Leverkusener Juniorteam in der Besetzung von Leipzig in der nächsten Saison nicht mehr geben. Der 95er Jahrgang, zu dem unter anderem Johanna Heldmann und Anna Seidel gehören, ist nicht mehr für die Jugend spielberechtigt. Zudem gibt es den Wechsel auf der Trainerposition, was eine gehörige Portion Wehmut in die Freude über den Finalsieg mischte. "Wir hatten eine schöne Zeit miteinander", sagte Reckenthäler, die sich verstohlen so manches Tränchen aus den Augen wischte. Ab Sommer sitzt Christian Hentschel auf der Bank, der ehemalige Leiter des Sportinternats in Dormagen-Knechsteden.
Zuvor aber ist das Juniorteam in der Oberliga noch zweimal in der aktuellen Besetzung gefragt. Gegen Niederrhein-Meister Fortuna Düsseldorf geht es am 4. und 10. Mai um den Aufstieg in die 3. Liga. "Wir schnaufen jetzt erstmal zwei Tage durch, und dann müssen wir die Spannung wieder aufbauen", sagte Reckenthäler. Am 4. Mai geht es nach Düsseldorf, am 10.Mai um 18.00 Uhr ist die Fortuna in der Leverkusener Fritz-Jacobi-Sporthalle zu Gast.