"Da kenne ich keine Gnade"


Archivmeldung aus dem Jahr 2005
Veröffentlicht: 15.09.2005 // Quelle: Bayer 04

In Sofia ist er aufgewachsen. Dort leben seine Familie und viele seiner Freunde. Dort begann seine Karriere. Klar, dass die Partie gegen ZSKA für Dimitar Berbatov kein Spiel wie jedes andere ist.

Dimitar, bevor wir über Sofia reden, müssen wir noch mal auf das Spiel gegen Schalke zurückkommen. Ihr habt mit einer Notelf ein 1:1 gegen die Königsblauen erreicht. Warst Du zufrieden mit dem Ergebnis?
BERBATOV: Na ja, auf der einen Seite müssen wir glücklich über den Punkt sein. Schalke ist eine wirklich starke Mannschaft. Auf der anderen Seite glaube ich, dass wir auch hätten gewinnen können. Wir haben über 90 Minuten unheimlich gefightet. Das haben auch die Zuschauer in der BayArena mit ihrem Applaus honoriert. Leider waren wir kurz vor Schluss dann etwas unkonzentriert und Schalke konnte noch ausgleichen. Das hat mich schon geärgert.

Es war für Dich persönlich ein seltsames Spiel. Du hast einen Elfmeter verschossen, eine große Chance vergeben und dann trotzdem noch eiskalt zugeschlagen. So manch einer hätte zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich schon resigniert...
BERBATOV: Natürlich ist es immer schwer, noch an sich zu glauben, wenn man solche Dinger nicht reinmacht. Aber mir ist das auch in der Vergangenheit schon passiert. Es läuft einfach schlecht für dich, alles geht schief. Aber als Profi darfst du nie aufstecken. Wer von seiner Qualität überzeugt ist, tut das auch nicht. In der Halbzeit haben mich auch der Trainer und meine Kollegen aufgemuntert. Die haben mir gesagt, komm, dann machst du eben die nächste Chance rein. Und so passierte es dann.

Man hat schon beim Antritt gemerkt, dass Du dieses Tor unbedingt machen wolltest....
BERBATOV: Ja, ich war wild entschlossen. Der verschossene Elfmeter hat mich ganz schön gewurmt. Das Tor war eine richtige Befreiuung für mich. Es war ein tolles Gefühl.

Auch wenn es nicht zum Sieg gereicht hat: Glaubst Du, dass dieses Spiel ein Wendepunkt war hin zu einer positiven Entwicklung?
BERBATOV: Wir standen vor dem Spiel gehörig unter Druck. Wir hatten gegen Bayern verloren und gegen Wolfsburg. Da durften wir uns einfach keine weitere Niederlage erlauben. Ich denke, wir haben auch von Anfang an gezeigt, dass wir wissen, worum es geht. Schon vor dem Spiel, die Einstimmung auf das Match von Carsten Ramelow, als wir uns im Kreis aufstellten: Solche kleinen Dinge können manchmal in bestimmten Situationen sehr wichtig sein.

Die Art, wie Ihr gespielt und vor allem gekämpft habt, müsste doch Rückenwind geben für das Spiel gegen Sofia...
BERBATOV: Ja, natürlich. Wenn wir so spielen wie gegen Schalke, dann werden wir gegen Sofia gewinnen. Wir haben uns bestens auf dieses Spiel vorbereitet. Ich kenne Sofia sehr gut und konnte unserem Trainer einige Tipps geben. Außerdem spielen wir in der BayArena. Da wird es für Sofia sicherlich ganz schwer werden.

Mit welchen Gefühlen gehst Du in dieses Spiel?
BERBATOV: Es ist ein ganz besonderes Spiel für mich. Ich bin in Sofia aufgewachsen. Meine Karriere hat dort begonnen, dort habe ich die große Fußballwelt kennengelernt. ZSKA ist mein Heimatverein und ich werde deshalb sicher ein bisschen nervöser sein als sonst. Aber das ist gar nicht schlecht, denn das hilft meiner Konzentration. Jetzt bin ich hier in Leverkusen und mein Job ist es, Tore für Bayer 04 zu schießen.

Auch Dein Vater hat schon für ZSKA gespielt. Da werden am Donnerstag zwei Herzen in seiner Brust schlagen....
BERBATOV: Ja, mein Vater hat da gespielt. Auch meine Mutter und mein Bruder sind ZSKA-Fans. Ich glaube aber trotzdem, dass sie mir die Daumen drücken. Ich hoffe, sie werden mir Glück bringen.

Wird Deine Familie live dabei sein in Leverkusen?
BERBATOV: Ja, ich denke schon, dass sie da sein werden. Auch ein paar Freunde aus Sofia wollen kommen. Die haben schon gescherzt, ich dürfte doch jetzt gegen meinen Heimatverein kein Tor schießen. Aber ich fürchte, da muss ich sie enttäuschen.

Du bist mit Torhüter Todor Kyuchukov gut befreundet. Habt Ihr schon gewettet, wie viele Tore Du gegen ihn machst?
BERBATOV: Nein,das nicht. Aber es stimmt, Todor ist mein bester Freund. Wir sind zusammen aufgewachsen. Er war schon bei ZSKA Sofia, als ich dann auch kam und er hat mir dort sehr geholfen, mich zurechtzufinden in der Profiwelt. Wir stehen ständig in Kontakt. Ich weiß nicht, ob er spielen wird, denn momentan ist er wohl nur die Nummer zwei. Aber das kann sich ja ändern. Falls er spielen sollte, das habe ich ihm schon gesagt, dann mache ich das Tor, wenn ich die Chance dazu habe, da kenne ich keine Gnade.

Die Mannschaft hat jetzt sicher ein ganz anderes Gesicht als zu der Zeit, als Du noch in Sofia spieltest.
BERBATOV: Na klar. Außer Todor kenne ich nur noch einen weiteren Spieler von damals. Die anderen sind alle neu dazugekommen. Aber sie haben viele gute neue Leute geholt. Damals zu meiner Zeit dort waren wir Bulgaren fast unter uns. Jetzt spielen dort eine ganze Reihe von Ausländern mit. ZSKA hat schon ein gutes Team beisammen. Ich verfolge ihre Spiele in der bulgarischen Liga und ich habe natürlich auch ihre Auftritte gegen Liverpool gesehen. Deshalb habe ich meinem Trainer schon gesagt, dass wir vor einer schwierigen Aufgabe stehen werden.

Wo liegen die Stärken von ZSKA?
BERBATOV: In ihrem Teamgeist. Sie haben ein unheimliches Zusammengehörigkeitsgefühl. Die Spieler unternehmen auch außerhalb des Sportbetriebs vieles gemeinsam. Die gehen zusammen ins Kino und solche Sachen. Auch das macht sie zu einem starken Kollektiv. Außerdem haben sie ein paar sehr gute Individualisten. Aber eins ist auch klar: Das Niveau der bulgarischen Liga reicht nicht an das der Bundesliga heran. Und unsere Mannschaft besitzt viel mehr Erfahrung. Wenn wir uns konzentrieren und das bringen, was wir bringen können, dürften wir eigentlich keine Probleme haben.

Auf welche Spieler muss man besonders aufpassen?
BERBATOV: Ich persönlich halte den Marokkaner Mourad Hdiouad für einen der besten Spieler bei ZSKA. Er spielt im Mittelfeld und wir müssen versuchen, ihn zu neutralisieren. Denn er ist die Schnittstelle zwischen Mittelfeld und Angriff. Aber wie gesagt, Sofia hat starke Spieler in jedem Mannschaftsteil. Und jeder arbeitet zunächst einmal für das Team.

Hast Du es inzwischen eigentlich verdaut, dass Du mit Bulgarien die WM-Qualifikation verpasst hast?
BERBATOV: Das tut immer noch weh, das muss ich zugeben. Ich wollte unbedingt in Deutschland bei der WM dabei sein, hier in meiner zweiten Heimat. Als es darauf ankam, haben wir unsere Chancen nicht genutzt. Jetzt müssen wir uns die WM im Fernsehen anschauen. Das ist sehr traurig.

Deine Treffsicherheit scheint das aber nicht negativ beeinflusst zu haben. Du hast bisher in jedem der fünf Pflichtspiele inklusive DFB-Pokal ein Tor geschossen. Wenn Du so weiter machst, wirst Du noch Torschützenkönig...
BERBATOV: Warum nicht, das wär' doch mal was. Letztes Jahr war ich Dritter. Ich hätte nichts dagegen, auch mal die Torjägerkanone zu gewinnen. In jedem Spiel zu treffen, ist natürlich schwer. Aber ich muss auch sagen, dass ich großartige Kollegen habe, die mir die Bälle oft wunderbar auflegen. Hoffentlich auch wieder gegen ZSKA.


Anschriften aus dem Artikel: Albert-Einstein-Str 58, Alte Landstr 129

Kategorie: Sport
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