"Unser Ziel bleibt der Erfolg"


Archivmeldung aus dem Jahr 2006
Veröffentlicht: 12.05.2006 // Quelle: Bayer 04

Trotz Sparmaßnahmen und Sanierung der Finanzen ist Bayer 04 auf dem besten Weg, sich für einen internationalen Wettbewerb zu qualifizieren. Eine turbulente Saison neigt sich nun dem Ende. Anlass genug, den Geschäftsführer der Bayer 04 Fußball GmbH Wolfgang Holzhäuser eine Bilanz ziehen zu lassen.

Eigentlich ist die zweite Hälfte der Spielzeit 2005/2006 so verlaufen, wie es sich die Verantwortlichen von Bayer 04 vorgestellt hatten: Die Mannschaft hat endlich ihr wahres Können gezeigt und überaus gute sportliche Erfolge erzielt.

Nicht zuletzt der Trainerwechsel zu Michael Skibbe hat zu dieser Wende geführt. Jetzt ist doch noch das eingetreten, wofür auch Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser zu Beginn der Saisonöffentliche Kritik einstecken musste - nämlich für die Aussage, dass Bayer 04 nach wie vor eine Spitzenmannschaft sei, für die das Erreichen eines europäischen Wettbewerbs fast schon eine Pflicht sei.

Und vieles deutet darauf hin, dass dieses Ziel als bisher erfolgreichste Mannschaft der Rückrunde auch erreicht wird - trotz Sparmaßnahmen und Sanierung der Finanzen. Wolfgang Holzhäuser hat immer darauf hingewiesen, wie schwierig der Spagat zwischen Sparen und Erfolg ist und sein wird. Aber gerade für ihn ist es wichtig, dass wir unseren eigentlichen "Geschäftszweck", nämlich erfolgreich Fußball zu spielen, immer in den Mittelpunkt stellen müssen.

Es könnte also alles so schön sein - wenn da nicht die weniger positive "Begleitmusik" auf den nicht sportlichen Feldern wäre. Zuerst mussten gerichtlich eingeklagte Forderungen abgearbeitet werden - zum Beispiel die von Jens Nowotny auf zeitlich unbegrenzte Lohnfortzahlung im Krankheitsfall in Millionenhöhe. Oder die Forderung seiner Berater, die Steuern für Handgelder zu übernehmen.

Das Wort von "Prozesshanseln" machte die Runde, obwohl Bayer 04 nicht Klüger, sondern Beklagter war.
Schlimmer noch. Plötzlich gab es Ermittlungen gegen Reiner Calmund, dem einst so erfolgreichen Geschäftsführer. Thema: Finanzgebaren. Ergebnis: "Schlammschlacht" in bestimmten Medien. Dann jüngst auch Untersuchungen der Steuerfahndung wegen eines Transfervertrages aus dem Jahr 1998 und der hieraus folgenden Zahlungen.

Und schließlich Selbstanzeige beim Finanzamt wegen 'unklarer' Zahlungen an südamerikanische Firmen - alles im Zusammenhang mit Spielerverpflichtungen. Alles schon lange zurückliegend.
Bayer 04 geriet - ungewollt - immer wieder in die Schlagzeilen.

Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser äußert sich hierzu im ausführlichen Interview mit dem BayArena-Magazin:

Sportlicher Erfolg auf der einen, immer neue unerfreuliche Schlagzeilen und auch Vorwürfe gegen Sie persönlich auf der anderen Seite: Herr Holzhäuser, wie fühlen Sie sich?
WOLFGANG HOLZHÄUSER: Gut und schlecht. Gerade so wie die Situation ist. Gut, sehr gut sogar, weil wir sportlich auf dem richtigen Weg sind. Das zeigt, dass wir - Rudi Völler und ich - trotz der finanziellen Sanierung und mit weniger Geld doch wohl einiges richtig gemacht haben. Nicht zuletzt erweist sich jetzt die damals wenig spektakuläre Verpflichtung von Michael Skibbe als richtig. Schlecht, sogar sehr schlecht fühle ich mich, wenn ich die Dinge betrachte, die sich außerhalb des Sportbetriebes zugetragen haben und zutragen. Rufe wie "Holzhäuser raus", auch dann, wenn wir sportlichen Erfolg und die Fans eigentlich allen Grund zur Zufriedenheit haben, das belastet sehr. Es tut schon weh, wenn man Gutes will und dann für notwendige aber Zukunft sichernde Maßnahmen 'bestraft' wird. Trotzdem suche ich immer wieder den Kontakt zu den Fans und führe ständig Gespräche mit den Fan-Beauftragten und Fan-Vertretern wie beispielsweise Marc Kolmsee, Lothar Becker, Andreas Paffrath sowie Stefan Thom und anderen Vertretern der Fanszene.

Wenn das alles so ungerechtfertigt ist, warum setzen Sie sich dann freiwillig diesem Druck und den Anfeindungen aus?
WOLFGANG HOLZHÄUSER: Zunächst einmal bin ich - bei aller persönlichen Sensibilität, die ich habe - nicht der Typ, der aufgibt, sobald ihm der Wind auch einmal ins Gesicht bläst. Darüber hinaus bin ich zutiefst davon überzeugt, dass gerade in Leverkusen, gerade mit dem Unternehmen Bayer und Sponsoren wie RWE und adidas im Rücken, nationaler Spitzenfußball gespielt werden kann, der auch international erfolgreich sein kann. Das will ich nicht zuletzt für die Fans erreichen, die sicher bald Verständnis dafür haben werden, dass wir mit weniger Mitteln auskommen müssen, aber trotzdem erfolgreich sein können. Für diese Zukunftsgestaltung lohnt es sich zu kämpfen.

Man wirft Ihnen vor, "Drahtzieher"; im "Fall Calmund" zu sein. Deshalb der Unmut.
WOLFGANG HOLZHÄUSER: Insbesondere die Diskussionen um Reiner Calmund und die Berichterstattung in einigen Medien, die mich als "Drahtzieher" darzustellen versuchen, belasten mich sehr. Deshalb nochmal in aller Deutlichkeit: Weder die Bayer AG, noch Bayer 04 und erst recht ich hatten und haben ein Interesse daran, den Ruf von Reiner Calmund durch Verdächtigungen zu beschädigen.
Es macht doch auch überhaupt keinen Sinn, Reiner Calmund nach der Trennung wegen seiner Verdienste mit einer entsprechenden finanziellen Absicherung zu versehen, um ihn dann mit vagen Vermutungen an den Pranger zu stellen oder gar strafrechtlich gegen ihn vorzugehen. Das Thema Reiner Calmund ist völlig ohne unser Dazutun ins Rollen gebracht worden.
Ich will auch an dieser Stelle noch einmal betonen: Ich glaube einfach nicht, dass Reiner Calmund etwas unrechtes getan hat. Er hat sicherlich alles zum Wohle von Bayer 04 getan. Davon bin ich zutiefst überzeugt. Ob er dabei hier und da übers Ziel hinausgeschossen ist, das will ich nicht, sondern das müssen andere beurteilen.

Ihnen wird der Vorwurf gemacht, Sie hätten das, was man Reiner Calmund heute vorwirft, alles gewusst. Wie viel haben Sie denn nun gewusst?
WOLFGANG HOLZHÄUSER: Einiges habe ich gewusst. Etwas habe ich geahnt. Das Meiste habe ich nicht gewusst aber durch Nachfragen erfahren, meist zu spät, um es zu verhindern. Aber es war mein Auftrag der Bayer AG, Ordnung in die Finanzen zu bringen. Ein Beispiel dafür ist auch die jetzt bekannt gewordene und damals notwendige 'strafbefreiende Erklärung nach dem Amnestiegesetz' wegen Millionenzahlungen auf meist süd-amerikanische Konten. Auch das gehörte zu den ordnenden Maßnahmen, die ich zu ergreifen hatte.

War das alles nicht ein bisschen spät?
WOLFGANG HOLZHÄUSER: Vielleicht hätte man einiges von Anfang an anders machen können. Aber im Rausch des Erfolges sieht so manches anders aus oder wird anders eingeschätzt. Dann kam das Wegbrechen der Fernsehgelder hinzu. Aber Erfolge kosten Geld. Viel Geld. Und unseren Chancen, mehr Geld einzunehmen, sind - wie alle wissen - durch die begrenzten Möglichkeiten in der jetzigen BayArena natürliche Schranken gesetzt.
Vor allem muss man die Situation immer vor dem Hintergrund betrachten, dass man Erfolge - zum Beispiel in der Champions League - nur mit hohem finanziellen Aufwand erreichen kann. Und hat man Erfolg, kann man ihn dann auch wieder nur mit längerfristigem hohen finanziellen Aufwand auf Dauer erhalten. Das bedeutet: Die erfolgreichen Spieler werden bekannt und können nur mit attraktiven Verträgen gehalten werden, weil sie sonst zu finanzstärkeren Klubs wechseln. Der damalige Vertrag mit Jens Nowotny ist das typische Beispiel dafür.

Apropos Nowotny. Er verlässt den Verein und bekommt obendrein noch fast fünf Millionen Euro. Ist das verantwortungsvolles kaufmännisches Finanzgebaren?
WOLFGANG HOLZHÄUSER:Ja, ist es. Letztlich bekommt er als Abfindung den abgezinsten Betrag, den er bekommen hätte, wäre sein Vertrag bis 2008 weiter gelaufen. Er verzichtet damit natürlich auf etwaige Prämienzahlungen etc. in der Zukunft. Mit der Abfindungszahlung werden die Haushaltspläne der nächsten beiden Jahre entlastet. Sicher muss man auch die zeitlichen Zusammenhänge und Ereignisse sehen. Es gab juristisch ungewisse Auseinandersetzungen um Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall in Millionenhöhe und Forderungen zur Übernahme von Steuern bei Handgeldern - ebenfalls in Millionenhöhe. Beides war mit dem Kündigungsvertrag vom Tisch.
Außerdem war das Verhältnis zu Bayer 04 im Jahre 2005 durch die von Jens Nowotny und seine Berater eingeleiteten juristischen Schritte und die damit einhergehenden öffentlichen Äußerungen so zerrüttet, dass eine Trennung unvermeidbar schien. Da war die Trennung unter den damaligen vertraglichen Verhältnissen auch mit den vereinbarten Zahlungen kaufmännisch richtig. Was wäre denn die Alternative gewesen? Ein Jens Nowotny, der bis zum Ende seines Vertrages bei Bayer 04 mittrainiert - so nebenbei noch zwei Prozesse gegen uns geführt - aber nicht gespielt hätte! Wahrlich keine Lösung. Da ist mir die jetzige Lösung mit einem Spieler, der wieder gespielt und sicher maßgeblich zum sportlichen Aufschwung beigetragen hat, immer noch lieber.

Man hat den Eindruck, als drehe sich bei Bayer 04 alles nur noch um die Finanzen und der Fußball sei Nebensache. Wie steht's denn nun mit den Finanzen?
WOLFGANG HOLZHÄUSER: Erst gesunde finanzielle Voraussetzungen schaffen die Grundlage für sportlichen Erfolg. Aber der ist eben Vereins- und Unternehmenszweck. Deshalb dreht sich eben fast alles auch - und ich betone auch - ums Geld.
Mein Auftrag, den ich 2004 von der Bayer AG erhalten habe, war, Bayer 04 innerhalb eines dann noch Vier-Jahres-Planes auf eigenständige Füße zu stellen und von zusätzlichen Stützungsmaßnahmen der Muttergesellschaft über die bekannten 25 Mio Euro für das Bayerkreuz im Wappen bzw. den Firmennamen hinaus unabhängiger zu machen. Mit dieser Aufgabe sind wir zwar über den Berg, aber der Konsolidierungsprozess ist noch nicht abgeschlossen. Vor allem gilt es, die durch die Sanierungsmaßnahmen notwendige Zwischenfinanzierung bei der Bayer AG abzubauen. Allerdings so abzubauen, dass wir nicht allzu viel an sportlicher Substanz verlieren.
Bis jetzt ist es uns gelungen, die Nettoverschuldung der Bayer 04-Gruppe von 68 Mio Euro auf 15 Mio Euro im 1. Quartal 2006 zu senken. Der Anteil des Aufwandes für das Funktionsteam, also Spieler, Trainer etc. wurde in den letzten Jahren fast halbiert; er liegt nun unter 50 % des Gesamtaufwandes. Damit sind wir in der Bundesliga gut platziert.
Es ist uns auch gelungen, vor allem mit den "teuren"; Spielern, deren hohe Verträge noch aus den erfolgreichen Champions-League-Zeiten stammen, diese Verträge in gegenseitigem Einvernehmen so zu gestalten, dass sie für uns noch tragbar und für den Spieler akzeptabel sind. Das Stichwort hier heißt: leistungsbezogen.

Wie sieht denn nun die sportliche Zukunft unter den vorhandenen finanziellen Möglichkeiten aus?
WOLFGANG HOLZHÄUSER: Zunächst einmal gilt der unumstößliche Grundsatz: Die sportliche Leistungsstärke ist die Basis der Geschäftspolitik. Diese Leistungsstärke steht immer im Vordergrund. Will man erfolgreich sein, muss man die Voraussetzungen - auch die finanziellen - für Leistungsstärke schaffen. Erfolg aber ist das, was die Fans erwarten und was den Sponsoren, vor allem der Muttergesellschaft Bayer AG nützt. Eine 'Fahrstuhl-Mentalität'; wie beim SC Freiburg würde bei uns die Sponsoren abschrecken und auch das Interesse der 'Mutter' sicher erheblich schmälern.

Da wir aber nicht mehr so aus dem Vollen schöpfen können und wollen, müssen wir uns intelligente Lösungen einfallen lassen. Und ich greife sicher unserem für den sportlichen Bereich zuständigen Sportchef Rudi Völler nicht vor, wenn ich sage, dass wir dies durch gezielten Einsatz hochklassiger, erfahrener und höchsttalentierter junger Spieler erreichen. Die momentane Situation macht dies deutlich. Beispiele wie Castro, Barnetta, Rolfes oder auch der neu verpflichtete Kießling - alle zwischen 18 und 24 Jahre jung - sind beste Beweise dafür. Deshalb läuft unser Scout-System unter der Leitung von Michael Reschke auch ständig auf Hochtouren. Dafür halten wir unsere Datenbank international auf dem neuesten Stand. Und dafür werden wir natürlich auch Geld ausgeben.

Können Sie unter solchen Bedingungen beispielsweise einen Spieler wie Dimitar Berbatov halten?
WOLFGANG HOLZHÄUSER: Dimitar hat zwar einen Vertrag, der noch zwei Jahre läuft. Rudi Völler, Michael Skibbe und auch ich wünschen uns, dass er mindestens noch ein Jahr bei uns bleibt. Aber das wird schwer, denn eine Klausel in seinem Vertrag legt fest, dass er gehen kann, wenn ein Verein mindestens 16 Millionen Euro Ablöse bietet und er auch weg möchte.

Aber dieses Geld könnte dann doch wieder für einen neuen Star investiert werden?
WOLFGANG HOLZHÄUSER: Ja und nein. Da wir zum Schuldenabbau die Transfer-Verpflichtungen und -Erlöse an eine Gesellschaft abgetreten haben, erhält diese einen Teil der Summe. Den anderen Teil werden wir natürlich für Verstärkungen wieder investieren.


Anschriften aus dem Artikel: Albert-Einstein-Str 58, Alte Landstr 129

Kategorie: Sport
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