Für den Bayer-Konzern war 2011 strategisch und operativ ein gutes Jahr. "Wir waren geschäftlich sehr erfolgreich und haben unsere Konzernziele erreicht", sagte Vorstandsvorsitzender Dr. Marijn Dekkers am Freitag auf der Hauptversammlung in Köln. Die Aktionäre sollen an diesem Erfolg mit einer Anhebung der Dividende auf 1,65 (Vorjahr: 1,50) Euro je Aktie beteiligt werden. Das entspricht einer Ausschüttungssumme von 1,4 Milliarden Euro. Den Start ins Geschäftsjahr 2012 bezeichnete Dekkers als erfreulich. "Dank unserer Innovationskraft und der guten Position in den Wachstumsmärkten haben wir auch in Zukunft ein starkes Potenzial." Unter anderem wählt die diesjährige Hauptversammlung die Vertreter der Kapitalseite im Aufsichtsrat neu. Den Vorsitz des Kontrollgremiums soll zum 1. Oktober 2012 der ehemalige Vorstandsvorsitzende Werner Wenning übernehmen.
Im vergangenen Geschäftsjahr habe Bayer nicht nur einen neuen Umsatzrekord aufgestellt, sondern auch seine Ertragskraft gesteigert, sagte Dekkers. Der Umsatz nahm währungs- und portfoliobereinigt (wpb.) um gut 5 Prozent auf 36,5 Milliarden Euro zu. Das operative Ergebnis (EBIT) verbesserte sich sogar um 52 Prozent auf gut 4,1 Milliarden Euro. Dabei kam dem Unternehmen zugute, dass die Sonderaufwendungen um 0,8 Milliarden auf rund 0,9 Milliarden Euro zurückgingen. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) vor Sondereinflüssen stieg um gut 7 Prozent auf über 7,6 Milliarden Euro. Die bereinigte EBITDA-Marge legte damit gegenüber Vorjahr von 20,2 auf 20,8 Prozent zu.
"Positiv war, dass wir bei Bayer HealthCare das Ergebnis und die Marge verbessern konnten", erläuterte Dekkers. Das Pharma-Geschäft habe dabei vor allem von seiner guten Stellung in den Wachstumsmärkten profitiert. Eine Stärke sei auch die gute Entwicklungs-Pipeline bei Pharma. Im Dezember hatte Bayer seine Umsatzerwartungen für einige fortgeschrittene Innovationsprojekte im Pharma-Geschäft angehoben. "Insgesamt sehen wir jetzt vier Medikamente in der fortgeschrittenen Entwicklung, die das Potenzial zum Blockbuster haben. Das bedeutet, dass jedes dieser Produkte einen Spitzenumsatz von einer Milliarde Euro pro Jahr und mehr erwirtschaften kann", sagte Dekkers. Das gelte besonders für den Gerinnungshemmer Xarelto™, der über alle Indikationen einen Spitzenumsatz von mehr als zwei Milliarden Euro erreichen könne. Zusammen mit dem Augenmedikament VEGF Trap-Eye und den beiden Krebsmitteln Alpharadin und Regorafenib ergebe sich in Summe ein Spitzenumsatzpotenzial in der Größenordnung von fünf Milliarden Euro.
Auch das Consumer-Health-Geschäft habe sich im vergangenen Jahr erfolgreich entwickelt - nicht zuletzt dank des guten Klangs der Weltklasse-Marke Bayer. Dagegen hätten sich die Gesundheitsreformen in vielen Ländern und der Konkurrenzdruck durch Generika als große Belastungen für HealthCare erwiesen.
CropScience habe von seinen neuen Produkten und einem günstigen Umfeld für Agrar-Rohstoffe profitiert. Die deutlich gestiegenen Absatzmengen zeigten, dass der Teilkonzern bei dem Ziel, die Vermarktung seiner innovativen Produkte zu verbessern, vorangekommen sei.
"MaterialScience hingegen blieb 2011 unter den Erwartungen", führte Dekkers aus. Zwar habe der Teilkonzern den Umsatz steigern und die Preise in allen Geschäftseinheiten und Regionen anheben können, doch sei es insgesamt kaum gelungen, die Absatzmengen zu steigern. Zudem konnte MaterialScience die hohen Rohstoffkosten nicht vollständig an seine Kunden weitergeben.
Ein positiver Aspekt sei, dass Bayer bei einem seiner wichtigsten Ziele - dem Ausbau des Geschäfts in den Wachstumsmärkten - gut vorangekommen sei, sagte Dekkers. Insgesamt habe der Konzern in diesen Ländern wb. um 9 Prozent zugelegt. Das Konzernergebnis stieg 2011 um fast 90 Prozent auf 2,5 Milliarden Euro, die Nettofinanzverschuldung konnte um 0,9 Milliarden auf 7 Milliarden Euro gesenkt werden.
"Zu diesen Erfolgen haben ganz wesentlich unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beigetragen - angefangen bei unserem Executive Council bis hin zu den vielen Kolleginnen und Kollegen auf der ganzen Welt. Ihnen allen gebührt dafür großer Dank", sagte Dekkers. Deshalb würden nicht nur die Aktionäre von der guten Entwicklung im Jahr 2011 profitieren. Allein im Rahmen des konzernweiten kurzfristigen Incentivierungsprogramms seien Auszahlungen an die Beschäftigten in Höhe von über 600 Millionen Euro vorgesehen.
Erfreulicher Start ins Geschäftsjahr 2012
Auch mit dem 1. Quartal des laufenden Jahres zeigte Dekkers sich zufrieden: "Wir hatten einen erfreulichen Jahresauftakt. Dabei haben sich die Trends des Jahres 2011 im Wesentlichen fortgesetzt." So stieg der Umsatz in den ersten drei Monaten wpb. um gut 5 Prozent auf 10,1 Milliarden Euro. Das EBIT erhöhte sich deutlich um fast 43 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro. Darin sind negative Sondereinflüsse von rund 170 (Vorjahr: über 400) Millionen Euro enthalten. Das EBITDA vor Sondereinflüssen verbesserte sich - dank der guten Entwicklung bei HealthCare und CropScience - um gut 9 Prozent auf 2,4 Milliarden Euro. Das Konzernergebnis stieg um rund 54 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro.
Bayer-Aktie mit attraktiver jährlicher Rendite
Die Bayer-Aktie entwickelte sich im vergangenen Jahr mit einem Verlust von nur 8 Prozent klar besser als der Leitindex DAX, der 15 Prozent verlor. Dekkers betonte vor allem die langfristige Stärke der Bayer-Aktie: "Betrachtet man die Jahre seit 2007, so lagen wir über allen relevanten Indizes. Und inklusive Dividende sehen wir in den vergangenen fünf Jahren eine gute jährliche Rendite von rund 7 Prozent."
Stellung als Innovationsunternehmen von Weltrang weiter stärken
"Wir arbeiten Tag für Tag sehr hart daran, unsere Stellung als Innovationsunternehmen von Weltrang weiter zu stärken und mit innovativen Produkten und Lösungen das Leben vieler Menschen zu verbessern", sagte Dekkers. Dafür stehe das Unternehmensleitbild "Bayer: Science For A Better Life". Die Weltbevölkerung wachse von sieben auf voraussichtlich neun Milliarden Menschen im Jahr 2050. Dabei würden die Menschen immer älter - und der Wohlstand in den Schwellenländen nehme zu. Für Bayer bedeute dies, dass innovative Gesundheitsleistungen künftig noch stärker gefragt sein werden und dass der weltweite Bedarf an Nahrung steigt. "Diese Trends adressieren wir mit unseren forschungsintensiven Life-Science-Geschäften HealthCare und CropScience", so Dekkers. Auch der Bedarf an innovativen Werkstoffen und Ressourceneffizienz sei aktueller denn je. Hier sei Bayer MaterialScience aktiv.
"Es macht mich sehr froh und auch stolz zu sehen, welche Fortschritte wir dabei machen und wie unsere Produkte Menschen helfen können. Und zwar ganz konkret", sagte Dekkers. So könne der neue Gerinnungshemmer Xarelto™ dabei helfen, Schlaganfälle zu verhindern und so sehr viele Menschen und ihre Familien vor diesem schweren Schicksal bewahren. Und der neue Wirkstoff VEGF Trap-Eye gegen die altersbedingte feuchte Makuladegeneration könne Patienten vor der Erblindung bewahren.
Bei CropScience habe zum Beispiel das neue Fungizid Xpro™ allein in Deutschland im vergangenen Jahr rechnerisch zu einem Mehrertrag von 500.000 Tonnen Getreide geführt. "Ein Zug, der diesen Mehrertrag transportieren soll, bestünde aus 20.000 Waggons. Er hätte eine Länge von Leverkusen bis nach Frankfurt", erläuterte Dekkers.
Auch die Hightech-Werkstoffe von MaterialScience hätten viele Vorteile. So helfe Polyurethan, das zur Gebäudedämmung eingesetzt wird, Heiz- oder Kühlenergie einzusparen. Das wiederum trage dazu bei, den Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) zu verringern. Bayer liefert pro Jahr rund 450.000 Tonnen Polyurethan-Rohstoffe für die Bauwirtschaft. "Rund 300.000 Eigenheime könnten mit dieser Menge isoliert werden. Das dadurch eingesparte Heizöl würde 45.000 Tankfahrzeuge füllen. 2,5 Millionen Tonnen CO2 würden vermieden. Das ist gut für die Umwelt - und gut für den Geldbeutel der Hausbesitzer", sagte Dekkers.
Um immer wieder solche innovativen Produkte zu entwickeln und auf den Markt zu bringen, bedürfe es jedoch erheblicher Investitionen, betonte Dekkers. Allein für Xarelto™ habe Bayer gemeinsam mit Johnson & Johnson rund 2 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung aufgebracht. Insgesamt lagen die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung bei Bayer in den beiden vergangenen Jahren jeweils bei rund 3 Milliarden Euro pro Jahr, und auch das Budget für das laufende Jahr ist entsprechend groß. "Das sind enorme Summen. Und das ist auch der Grund, warum die Anerkennung und angemessene Vergütung für unsere Innovationen - insbesondere im Pharma-Bereich - so wichtig für uns sind", so Dekkers.
"Vergütung für Medikamente von heute finanziert innovative Arzneien von morgen"
Bei den aktuellen Diskussionen über die Preise für Arzneimittel gehe es um schwierige Fragen: etwa, ob man die Verlängerung des Lebens bewerten könne - oder überhaupt wolle. "Dabei steht für mich außer Frage, dass gerade die forschende Pharma-Industrie sehr viel erreicht hat. So ist allein in den vergangenen 20 Jahren die durchschnittliche Lebenserwartung um rund 4 Jahre gestiegen - was sicher auch an den neuen Medikamenten liegt." Kosteneinsparungen seien ein weiterer positiver Effekt. Denn viele Volkskrankheiten wie Diabetes könnten immer besser therapiert werden. So würden teure Aufenthalte im Krankenhaus oder Pflegebedürftigkeit vermieden.
"Natürlich verstehen auch wir, dass die Kosten im Gesundheitswesen unter Kontrolle bleiben müssen. Und wir sind bereit, uns bei der Entwicklung wirtschaftlicher Lösungen einzubringen. Das muss jedoch mit dem richtigen Augenmaß geschehen", forderte Dekkers. Ein grundlegendes Problem sei die mangelnde Wertschätzung für Innovationen in der Gesellschaft insgesamt. Viele Patienten wüssten oft gar nicht, welches Unternehmen das Medikament entwickelt und hergestellt hat, mit dem sie behandelt werden. Obwohl es dieses Unternehmen war, das mit hohem Risiko und großem Aufwand an Zeit und Ressourcen dafür gesorgt hat, dass der Arzt dem Patienten überhaupt helfen kann. Dabei müsse klar sein, so Dekkers: "Die Vergütung für die Medikamente von heute finanziert die innovativen Arzneien von morgen." Diese Zusammenhänge müssten häufiger und besser erklärt werden, damit die Gesellschaft den Wert von echten Innovationsbeiträgen anerkenne. "Sonst besteht das Risiko, dass wir mittelfristig unser großes Innovationspotenzial verspielen", warnte der Vorstandsvorsitzende.
Neuwahlen zum Aufsichtsrat
Mit Ablauf der Hauptversammlung endet die Amtszeit der Aufsichtsratsmitglieder. Daher ist eine Neuwahl erforderlich. Nach dem Vorschlag des Aufsichtsrats soll Werner Wenning zum 1. Oktober 2012 den Vorsitz in dem Kontrollgremium übernehmen und damit die Nachfolge von Dr. Manfred Schneider antreten. Im Einzelnen sieht der Vorschlag vor, dass Schneider bis zum Ablauf des 30. September 2012 weiterhin dem Aufsichtsrat angehört und dessen Vorsitz führt. Wenning soll dann mit dem Ausscheiden Schneiders in den Aufsichtsrat eintreten und den Vorsitz für die übrige Laufzeit der Wahlperiode bis 2017 übernehmen. Der Vorsitzende wird nicht direkt von der Hauptversammlung gewählt, sondern von den Mitgliedern des Aufsichtsrats.
Wenning (65) war von April 2002 bis zum 30. September 2010 Vorstandsvorsitzender der Bayer AG. Die gesetzlich vorgesehene Wartezeit für die Aufsichtsratstätigkeit früherer Vorstandsmitglieder im selben Unternehmen ("Cooling-off-Periode") endet nach zwei Jahren.
Als neue Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner stehen außerdem Sue H. Rataj (55), Mitglied im Board of Directors des US-Chemiekonzerns Cabot Corporation, und Thomas Ebeling (53), Vorstandsvorsitzender der ProSiebenSat.1 Media AG, zur Wahl. Folgende Kandidaten, die dem Kontrollgremium bereits angehören, treten zur Wiederwahl an: Dr. Paul Achleitner, Dr. Clemens Börsig, Dr. Klaus Kleinfeld, Dr. Helmut Panke und Dr. Klaus Sturany. Bis zur Hauptversammlung 2014 sollen darüber hinaus Prof. Dr. Ekkehard D. Schulz und Prof. Dr. Ernst-Ludwig Winnacker wiedergewählt werden. Die Kandidaten stehen bei der Hauptversammlung einzeln zur Abstimmung.
Die zehn Vertreter der Arbeitnehmer wurden bereits am 7. Februar von ihren Gremien gewählt. Nach Ablauf der Hauptversammlung treten folgende Arbeitnehmervertreter ihr Amt an: Thomas de Win, Dr. Thomas Fischer, Peter Hausmann, Reiner Hoffmann, Yüksel Karaaslan, Petra Kronen, Petra Reinbold-Knape, Michael Schmidt-Kießling, André van Broich und Oliver Zühlke. Es ist vorgesehen, dass de Win wieder zum stellvertretenden Vorsitzenden des Aufsichtsrats gewählt wird.
Vorstand und Aufsichtsrat würdigen Verdienste von Dr. Manfred Schneider
Für Schneider ist die diesjährige Hauptversammlung die letzte als Vorsitzender des Aufsichtsrats und damit die letzte, die er leitet. Dr. Paul Achleitner, Vorstandsmitglied der Allianz SE und Mitglied des Bayer-Aufsichtsratspräsidiums, würdigte Schneiders Leistungen in insgesamt 46 Jahren bei Bayer - davon fünf Jahre als Vorstandsmitglied, zehn Jahre als Vorstandsvorsitzender und noch einmal zehn Jahre als Aufsichtsratschef. "Dieser Mann war und ist der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Platz", sagte Achleitner. "Dass sich Bayer hier und heute als nachhaltig erfolgreiches Unternehmen präsentieren kann, ist zu einem erheblichen Teil das Verdienst von Manfred Schneider." Auch Dekkers sprach Schneider seinen Dank persönlich und im Namen aller Bayer-Mitarbeiter aus: "Ich habe die Zusammenarbeit mit Ihnen als äußerst professionell und dabei sehr konstruktiv und vertrauensvoll empfunden. Umso schöner ist es, dass wir im Anschluss an die heutige Hauptversammlung noch einige Monate zusammenarbeiten werden."
Neue Festvergütung soll Kontrollfunktion des Aufsichtsrats Rechnung tragen
Die Hauptversammlung entscheidet außerdem über die Einführung eines neuen Vergütungssystems für die Mitglieder des Aufsichtsrats. Vorgesehen ist eine reine Festvergütung von jährlich 120.000 Euro pro Mitglied. Für die Tätigkeit in Ausschüssen ist eine zusätzliche Vergütung vorgesehen. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats soll als feste Vergütung 360.000 Euro pro Jahr erhalten, sein Stellvertreter 240.000 Euro. Grundsätzlich sollen die Aufsichtsräte gemäß einer Selbstverpflichtung für ein Viertel der Vergütung Bayer-Aktien erwerben, um ihr Interesse an einem langfristigen Unternehmenserfolg zu stärken. Die Selbstverpflichtung gilt nur, soweit die Aufsichtsratsmitglieder ihre Vergütung nicht abführen müssen. Mit der Umstellung auf die neue Vergütungsform soll die Kontrollfunktion des Aufsichtsrats betont werden, die unabhängig vom kurzfristigen Unternehmenserfolg zu erfüllen ist. Bislang sah die entsprechende Satzungsregelung neben den festen Bezügen eine erfolgsorientierte Vergütung für die Mitglieder des Aufsichtsrats vor, die sich am Konzern-Brutto-Cashflow orientierte.