Die Ansprüche von Renate Wolf klangen bescheiden, denn die Elfentrainerin hatte einfach nur gefordert, dass sich die Mannschaft besser als gegen Holstebro präsentiert und sich mit einem positiven Gefühl in die Nationalmannschaftspause verabschiedet. Die Art und Weise, wie das Team dann aber der Bitte nachkam, überraschte selbst Wolf nach der Partie. „Eigentlich sollten sicher spielen um die Sicherheit wieder zu finden und dann gehen die ab wie eine Maschine“, ließ Wolf nach dem 28:25 (18:10) gegen den VfL Oldenburg ins Schwärmen geraten.
Denn das Endergebnis täuscht eine Ausgeglichenheit vor, die über weite Strecken nicht vorhanden war. Die Bilder gegenüber dem Wochenende glichen sich, doch diesmal musste nicht Wolf, sondern Oldenburgs Coach Leszek Krowicki schon in der Anfangsphase die Grüne Karte am Zeitnehmertisch hinterlegen. 5:1 hieß es in der achten Minute, bis auf einen verwandelten Strafwurf von Lois Abbingh war den Niedersächsinnen nichts geglückt. Woltering hatte schon die ersten drei Paraden auf dem Konto, hinzu gesellten sich ein Pfostenwurf und ein Wurf neben das Tor. „Die Abwehr stand heute richtig gut. Da hat das Tor dann nicht mehr vier, sondern praktisch nur noch eine Ecke“, bedankte sich Woltering für die von ihren Mitspielerinnen geleistete Vorarbeit, die Deutschlands Handballerin des Jahres eine Quote von sensationellen 55 Prozent gehaltener Bälle (24 Paraden) ermöglichte.
Die Abwehrarbeit war einmal mehr der Grundstein für den Erfolg und die Defensivabteilung arbeitete auf hohem Niveau und mit fairen Mitteln. Lediglich zwei Gelbe Karten kassierte der Deckungsverbund in der gesamten Partie. Die einzige Unterzahlsituation hatten die Elfen zu überstehen, nachdem Anna Loerper beim Siebenmeter VfL-Torfrau Julia Renner unabsichtlich im Gesicht traf. Loerper entschuldigte sich prompt für ihr Missgeschick bei der VfL-Keeperin, war jedoch regelkonform die letzten 40 Minuten zum Zuschauen gezwungen. Jakubisovas Durchbruch zum 14:7 (21.) kurz zuvor war erst Treffer aus dem Positionsangriff gewesen. Hinzu kamen bei den Gästen drei Kontertore und zwei Strafwürfe.
Leszek Krowicki probierte viel, um sein Team in die Spur zu bringen. Egal ob Torhüterwechsel oder auch die ersten personellen Veränderungen auf den Feld – Schirmer kam für van der Heijden, die angeschlagene Geschke für Abbingh – verpufften wirkungslos. Auch die Umstellung des VfL auf eine 5:1-Abwehr, bedingt durch den verletzungsbedingten Ausfall Wiebke Kethorns – die Kreisläuferin wurde bei einem Hüftwurf von Geschke im Gesicht getroffen – brachte nur mäßigen Erfolg. „Wir waren nicht aggresiv genug und beim Pausenstand von 18:10 war die Partie praktisch entschieden“, erklärte VfL-Trainer Leszek Krowicki, den jedoch die Einstellung seiner Mannschaft im zweiten Durchgang versöhnlich stimmte. „Meine Mannschaft hat bis zum Ende versucht das Ergebnis positiv zu gestalten.“
Bei den Elfen hatte ein Rad ins andere gegriffen und Wolf erklärte nach der Partie das System. „Wenn Laura Steinbach trifft – und sie hat in Halbzeit eins alles getroffen – dann läuft vieles von selbst. Dann bekommt auch der Kreis seinen Platz den er braucht und Steffi Egger hat nicht nur wegen ihrer acht Tore, sondern auch durch ihr Stellungsspiel andere Spielerinnen in Position gebracht.“ Neben dem achtmal erfolgreichen Duo hob Wolf vor allem die Leistung von Lyn Byl hervor. „Sie spielt am Kreis, sie spielt rechtsaußen, sie spielt linksaußen, sie wirft mit rechts, sie wirft mit links und ist ein Garant in der Abwehr. Ein Riesenkompliment für das, was sie in den vergangenen Wochen geleistet hat.“
Auch der Start in den zweiten Durchgang sollte ganz nach dem Geschmack der Leverkusener Anhänger verlaufen, denn Steinbach und Jochin hatten schnell den Vorsprung auf zehn Tore erhöht, doch die ins Oldenburger Tor zurückgekehrte Surkova hatte sich in der Zwichenzeit mit dem Tor in der Smidt-Arena verbündet. War die Russin einmal geschlagen, dann half oftmals noch das Torgebälk, wie bei zwei Strafwürfen, durch die Oldenburg auf sechs Tore (23:17) herankam. Oldenburg witterte noch einmal Morgenluft - Steinbach erhielt eine Sonderbewachung von Jakubisova, ließ sich davon jedoch nicht in die Passivität drängen. Die Folge war die zweite und letzte Zeitstrafe der Partie, in der noch einmal Byl und Steinbach dann mit den Toren zum 27:18 für klare Verhältnisse sorgten.
Renate Wolf hatte längst mit dem freiwilligen Durchwechseln begonnen, wodurch dann ein kleiner Bruch ins Spiel kam. Als Jakubisova drei Minuten vor dem Ende zum 27:23 traf, sollte dann Elli Garcia noch einmal die Fäden im mittleren Rückraum ziehen. Die Flügelspielerin brachte auch Laura Steinbach in Position, doch diesmal hatte Surkova die Ecke geahnt, im Gegenzug verkürzte van der Heijden noch einmal. Aber dann krönte Egger ihre starke Leistung und sorgte mit dem 28:24 für die endgültige Entscheidung, wenngleich Oldenburg durch van der Heijden noch der letzte Treffer der Partie vergönnt war.
TSV Bayer 04 Leverkusen – VfL Oldenburg 28:25 (18:10)
Leverkusen: Glaser, Woltering
Byl 7, Zapf, Idelberger, Egger 8, Hambitzer, Garcia 2, Loerper 1/1, Bönighausen, Huckenbeck, Schriever, Steinbach 8, Jochin 2
Oldenburg: Renner, Surkova
Badenhop 1, Birke 2, Hetmanek, Schirmer, Wenzl 3, Abbingh 3/3, van der Heijden 4, Kethorn 1, Neuendorf 4, Geschke 3, Jakubisova 4
Strafminuten: 2 / 4
Disqualifikation: Loerper (22./ Gesichtstreffer bei Siebenmeter)
Siebenmeter: 1 / 4 ; 3 /4 (Loerper trifft Renner im Gesicht, Zapf an die Latte, Jochin an den Pfosten – Abbingh scheitert an Glaser)
Zuschauer: 650
Schiedsrichter: Brauer / Holm