Jubiläumsfeier von BAYER in Köln / Laudatio von Kanzlerin Merkel

„Konzerngeschichte nicht weißwaschen!“

Archivmeldung aus dem Jahr 2013
Veröffentlicht: 15.07.2013 // Quelle: Bayer-Coordination

Rund 1.100 Gäste nehmen an der morgigen Feier zum 150. Geburtstag des BAYER-Konzerns in der Kölner Messe teil. Zu den Gratulanten gehören Bundeskanzlerin Angela Merkel und NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) forderte die Kanzlerin in einem Schreiben auf, in ihrer Laudatio das lange Sündenregister des Unternehmens nicht auszuklammern.

Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG: „In den zahlreichen Publikationen zum BAYER-Jubiläum kommen Themen wie Umweltverseuchung, chemische Kampfstoffe, Pestizidvergiftungen oder die Rolle des Unternehmens im Nationalsozialismus nicht vor. Bundeskanzlerin Merkel darf bei dieser Weißwaschung nicht mitmachen!“.

BAYER war als Teil der IG FARBEN an den grässlichsten Verbrechen der Menschheitsgeschichte beteiligt: die IG FARBEN lieferten Zyklon B für die Gaskammern, beteiligten sich an grausamen Menschenversuchen und ließen sich in Auschwitz eine riesige Fabrik von Sklavenarbeitern bauen. Im konzerneigenen Konzentrationslager Auschwitz-Monowitz kamen zehntausende Zwangsarbeiter ums Leben. Trotz dieser Verbrechen hat BAYER nie eine unabhängige Untersuchung der Firmen-Historie veranlasst.

Einige weitere Hintergründe zur BAYER-Geschichte:

ð Zeitgleich mit dem Schmerzmittel ASPIRIN brachte der Konzern HEROIN auf den Markt, u.a. als Hustenmittel für Kinder. Schon kurz nach der Markteinführung wiesen Ärzte auf das Suchtpotential hin. Trotzdem führte BAYER fünfzehn Jahre lang eine globale Werbekampagne für das neue Präparat durch. Während an den Siegeszug von ASPIRIN mit Ausstellungen und Forschungspreisen erinnert wird, wird das Stiefkind HEROIN heute verleugnet.

ð Der langjährige BAYER-Generaldirektor Carl Duisberg beteiligte sich im 1. Weltkrieg persönlich an der Entwicklung von Giftgas und setzte den völkerrechtswidrigen Einsatz an der Front durch. Duisberg war mitverantwortlich für die Deportation zehntausender belgischer Zwangsarbeiter und forderte die Annexion von Belgien, Nordfrankreich sowie von (so wörtlich) „deutschem Lebensraum“ in Polen und Russland.

ð Die IG FARBEN, der Zusammenschluss der deutschen Chemie-Industrie, waren eng in den Eroberungskrieg des Dritten Reichs eingebunden. Der Konzern folgte der Wehrmacht in die eroberten Länder Europas und übernahm meist innerhalb weniger Wochen die dortige Chemie-Industrie, Kohlegruben und die Ölförderung.

ð In den Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozessen beschäftigte sich ein eigenes Verfahren mit den IG Farben. Hierin wurde z.B. festgestellt: „Unstreitig sind verbrecherische Experimente von SS-Ärzten an Konzentrationslager-Häftlingen vorgenommen worden. Diese Experimente sind zu dem ausdrücklichen Zweck erfolgt, die Erzeugnisse der IG Farben zu erproben.“

ð Die in Nürnberg verurteilten Manager konnten nach Verbüßung ihrer Haftstrafe ihre Karriere ungehindert fortsetzen. So wurde Fritz ter Meer Aufsichtsratsvorsitzender von BAYER. Gegenüber den Zwangsarbeitern in Auschwitz äußerte er wenig Mitgefühl; ihnen sei „kein besonderes Leid zugefügt worden, da man sie ohnedies getötet hätte“. BAYER benannte eine Studien-Stiftung in „Fritz-ter-Meer-Stiftung“.

ð In den Laboren von BAYER wurde auch im Dritten Reich an chemischen Kampfgasen geforscht. Der Erfinder von SARIN und TABUN, Dr. Gerhard Schrader, leitete nach dem Krieg die Pestizidabteilung von BAYER.

ð Etwa die Hälfte aller Bluter weltweit wurde in den 80er Jahren mit HIV infiziert, ein Großteil durch Produkte von BAYER. Jahrelang setzte der Konzern die existierenden Inaktivierungsverfahren aus Kostengründen nicht ein. Noch nach dem Verbot unbehandelter Blutprodukte in den USA und Europa wurden übriggebliebene Chargen nach Lateinamerika und Asien exportiert. Tausende Bluter bezahlten dies mit ihrem Leben.

ð Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt die Zahl der jährlichen Pestizidvergiftungen auf bis zu 20 Millionen. Rund 200.000 Fälle verlaufen tödlich, dazu kommt eine hohe Dunkelziffer. Für einen großen Teil der Vergiftungen ist BAYER verantwortlich; die Firma ist mit einem Weltmarktanteil von rund 20% der zweitgrößte Pestizidhersteller der Welt. Obwohl das Unternehmen einräumt, dass „der sachgerechte Umgang mit Pflanzenschutzmitteln unter bestimmten Bedingungen in einigen Ländern der Dritten Welt nicht immer gewährleistet ist“, verkauft BAYER weiterhin hochgiftige Wirkstoffe, vor allem in Entwicklungsländern.

„Die 150-jährige Unternehmensgeschichte von BAYER wurde von Beginn an von Protesten begleitet. Bereits im 19. Jahrhundert gab es massiven Widerstand von Anwohnern und Belegschaft gegen die anhaltende Luft- und Wasserverschmutzung. In vielen Fällen konnte hierdurch ein besserer Arbeits- und Umweltschutz erkämpft werden. Der Widerstand gegen die zumeist rücksichtslose Konzernpolitik gehört untrennbar zur Geschichte von BAYER“, so Jan Pehrke vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren.


Anschriften aus dem Artikel: Albert-Einstein-Str 58, Alte Landstr 129

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