Der Kostendeckungsvorschlag für Bürgerbegehren


Archivmeldung aus dem Jahr 2011
Veröffentlicht: 04.04.2011 // Quelle: Mehr Demokratie

In Leverkusen gibt es eine Diskussion über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens für den Erhalt des Bürgerbüros Opladen. Nach Auffassung der Stadt ist das Bürgerbegehren u.a. wegen eines „nicht durchführbaren“ Kostendeckungsvorschlags unzulässig. Von einem Bürgerbegehren aber überhaupt einen Kostendeckungsvorschlag zu verlangen, hat auf die kommunale Demokratie negative Auswirkungen.

Der Kostendeckungsvorschlag für Bürgerbegehren wurde bei der Einführung des kommunalen Bürgerentscheids 1994 aus Skepsis gegenüber der Finanzmündigkeit der Bürger als Anforderung an ein Bürgerbegehren in die Kommunalverfassung aufgenommen. Ein solcher Vorschlag ist notwendig, wenn das Begehren Einsparungen verhindern will oder höhere Kosten für eine Gemeinde zur Folge hätte.

Das Problem: Meist gibt es unterschiedliche Meinungen über die Folgekosten eines Bürgerbegehrens und darüber, welche Kosten im Kostendeckungsvorschlag zu berücksichtigen sind. So ist die Frage, ob man auch die Kosten einer fälligen Sanierung berücksichtigen muss, wenn man ein Schwimmbad erhalten will. Letztlich zeigt die Realität, dass Folgekosten zukünftiger Projekte von Bürgerbegehren und Stadtverwaltungen oft nur ungenau angegeben werden können, so dass ein objektiv „richtiger“ Kostendeckungsvorschlag gar nicht möglich ist. Erwartete Erlöse aus geplanten Grundstücksverkäufen werden zu hoch oder die Kosten für geplante Baumaßnahmen zu niedrig angesetzt. Oftmals können aber selbst Politik und Verwaltung keine genauen Zahlen nennen und damit Bürgerbegehren auch nicht bei der Formulierung eines Kostendeckungsvorschlags helfen.

In NRW wird jedes sechste Bürgerbegehren wegen eines unzureichenden oder fehlenden Kostendeckungsvorschlags für unzulässig erklärt. Das Absurde dabei ist, dass der Kostendeckungsvorschlag gar nicht verbindlich ist und er beim Bürgerentscheid nirgendwo mehr erwähnt wird. Die Kostenfrage spielt also ausgerechnet dann keine Rolle mehr, wenn es an die Entscheidung geht.

Letztlich werden an Bürgerbegehren strengere Maßstäbe angelegt als an das Handeln der gewählten Vertreter im Rat. Hinzu kommt, dass empirische Untersuchungen aus der Schweiz nachweisen, dass es eine heilsame Wirkung auf die öffentlichen Kassen hat, wenn die Bürger über Finanzfragen unbeschränkt entscheiden dürfen. In Bayern, dem Bundesland mit den meisten Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden, wird ein Kostendeckungsvorschlag nicht verlangt. In Thüringen ist er für Bürgerbegehren kein Zulässigkeitskriterium.

Mehr Demokratie schlägt für NRW vor, die Anforderung eines Kostendeckungsvorschlags für Bürgerbegehren aus der Gemeindeordnung zu streichen. SPD und Grüne im Landtag planen, diese Anforderung an Bürgerbegehren dahin gehend zu entschärfen, dass der Kostendeckungsvorschlag für Bürgerbegehren kein Unzulässigkeitsgrund mehr ist.


Anschriften aus dem Artikel: Alte Landstr 129, Albert-Einstein-Str 58

Kategorie: Politik
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