Offener Brief die Linke Leverkusen: Schwarzfahren / Kritik am herablassenden Umgang mit Bürgeranträgen

Veröffentlicht: 07.05.2023 // Quelle: DieLinkeLev

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Parteien liegen sollte, wer bestraft wird und wer nicht. Insgesamt zeigt sich hier ein herablassender Umgang mit dem Anliegen der Bürger und eine fehlende Auseinandersetzung mit dem Thema Schwarzfahren. Die Linke Leverkusen fordert daher eine ernsthafte Diskussion und Lösungsansätze für dieses gesellschaftliche Problem.

Ratsherr Keneth Dietrich kritisiert die herablassende Behandlung des Bürgerantrags zur
Nichtverfolgung von Schwarzfahren im Bürger- und Umweltausschuss vom 04.05.2023:
"Wer macht Politik für Menschen? Nicht die Mitglieder des Bürger- und Umweltauschusses, so
scheint es zumindest. Wie sonst soll man die Entscheidung und skandalöse Beratung des
Bürgerantrages 2023/2214 "Keine Repression im ÖPNV" bewerten? Keine der anwesenden
Parteien und Einzelpersonen hat sich dabei mit Ruhm bekleckert, sondern die Situation genutzt,
um den jugendlichen Petenten vorzuführen. Einzig der parteilose Manfred Schröder, ehemaliges
Mitglied unserer kommunalpolitisch aktiven Gemeinschaft, konnte sich zu einer wohlwollenden
Stellungnahme und einer Enthaltung durchringen.

Aber worum geht es überhaupt? Kurz gesagt ums Schwarzfahren, beamtiger ausgedrückt um die
"Erschleichung einer Beförderungsleistung" gemäß § 265a StGB. Ja, richtig: Strafgesetzbuch, denn
bis heute ist das Schwarzfahren in Deutschland eine Straftat und kann dementsprechend geahndet
werden. Mit allen Konsequenzen, die daran hängen, vom Ausschluss von verschiedenen Berufen
bis hin zu einer Freiheitsstrafe. Wer dies übertrieben findet, ist in guter Gesellschaft, denn eine
Studie von Infratest dimap[1] zeigt, dass gut 2/3 der Menschen in Deutschland das genauso sehen.
Auch das öffentlich Rechtliche berichtet immer wieder über den Sachverhalt[2,3].

Ganz anders sieht das der B&U, hier begegnet man dem Vorschlag von einer Strafanzeige
abzusehen, - nicht von einer Strafe wohlgemerkt! - mit moralisierender Häme. Die wohl skurrilste
Wortmeldung kam dabei von FDP-Politikerin Petra Franke, die von einer "Aushöhlung des
Rechtsstaates" sprach, wobei doch erst kürzlich ihr Parteikollege Volker Wissing die Bundesländer
darum bat, von Kontrollen des Sonntagsfahrverbotes für LKWs abzusehen[4] und ihr eigener
Bundesjustizminister Marco Buschmann bereits die Herabstufung des Straftatbestands
Schwarzfahren prüft[5]. Folgt man der Argumentation der FDP gibt es wohl etwas, das schwerer
wiegt als Rechtsstaatlichkeit, und das ist Investorenschutz.

Aber auch die anderen Parteien ließen kaum ein gutes Haar an der Sache. Für die Grünen bewies
Andreas Bokeloh, dass diese sich mit dem Thema nicht auseinandergesetzt hatten. Denn
keineswegs ging es bei dem Bürgerantrag darum, kostenlosen Nahverkehr durch die Hintertür
einzuführen, was doch eigentlich ein grünes Anliegen sein sollte, sondern darum unnötige
Repression und Härte von Menschen abzuwenden, die, aus welchen Gründen auch immer, ohne
Fahrschein ein Verkehrsmittel der WUPSI betreten. In trauter Einigkeit zeigten auch die Vertreter
von SPD und CDU ihre kalten Herzen, indem Sie bekräftigten, dass man ja wohl wisse, auf was man
sich einlässt, wenn man schwarz fährt. Von sozialem Gewissen oder Nächstenliebe keine Spur.
Einen Seitenhieb gegen die FDP gab es von der CDU dennoch, denn so wurde sich zumindest
bedankt, den rechtsstaatlichen Weg eines Bürgerantrages beschritten zu haben.
Zuletzt muss Frank Pathe, seines Zeichens Vertreter der Klimaliste offensichtlich von der
"Diskussion" verwirrt worden sein, denn er warnte davor, das es nicht im Ermessen von
kontrollierenden Personen oder anderen Angehörigen des Nahverkehrsunternehmens liegt, was
als Straftat zu bewerten ist. Damit beschreibt er allerdings genau die Ist-Situation. Denn
momentan liegt es völlig im Ermessen dieser, wann eine Strafanzeige gestellt wird. Dies eröffnet
nebenbei auch Tür und Tor für Diskriminierungen[6].

Im Ergebnis gibt es, wie so oft, keine spürbaren Verbesserungen für die Leverkusener
Bürger:innen. Außer einen Verweis auf eine schon im vergangenen Jahr angekündigte
Überprüfung des Straftatbestandes durch den Justizminister, nehmen der Petent und vielleicht
einige anwesende Unterstützer nur Verdrossenheit aus dem Ausschuss mit. Eine Politikerfahrung,
die junge Menschen nur all zu oft machen. Leverkusener Bürger:innen haben ja auch in anderen
Bereichen bereits Erfahrung gemacht, wie Bundes- und Landesminister mit Klagen aus der
Bevölkerung umgehen. Die Dinge selbst in die Hand zu nehmen, und die Möglichkeiten des
Rechtsstaates für materielle Verbesserungen zu nutzen, dafür fehlt vielen Politikern der Mut."

1] [https://fragdenstaat.de/dokumente/237104-20230316fragdenstaattabs/
2] [https://www.zdf.de/nachrichten/politik/schwarzfahren-straftat-umfrage-100.html
3] [https://www.youtube.com/watch?v=iWX3pqbidKk
4] [https://www.n-tv.de/politik/Wissing-spricht-sich-fuer-Aufhebung-von-LKW-Sonntagsfahrverbot-aus-article24010394.html
5] [https://www.spiegel.de/politik/deutschland/marco-buschmann-justizminister-prueft-herabstufung-des-schwarzfahrens-zurordnungswidrigkeit-
a-a3c0b467-e6cf-456c-8fef-c7125c42cf04
6] [https://twitter.com/MauriceConrad/status/1653442042536554496


Themen aus dem Artikel: wupsi, Die Linke, MAN

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