Leverkusen

Spurensuche

DAS BAHNBETRIEBSWERK OPLADEN

Rheinisch-Bergische Eisenbahngeschichte, Heft 4, von Kurt Kaiß, Verlag A. Kaiß, Leichlingen, 2002, ISBN 3-9806103-3-0, 11,00 Euro


Mit der vorliegenden Arbeit über das vormalige Bahnbetriebswerk Opladen wird nicht nur ein bislang nahezu vergessenes Stück regionaler wie auch lokaler Eisenbahngeschichte aufgearbeitet, sondern vor allen Dingen auch eine echte Lücke in der Chronik der alten Kreisstadt Opladen geschlossen.
Denn selbst in der ansonsten so umfangreichen Stadtchronik "Upladhin - Opladen" von Rolf Müller, welche als Standardwerk Opladener Geschichte gelten kann, wird diese Dienststelle mit keinem Wort erwähnt. Dabei zählte man dort im Jahre 1951 sage und schreibe 169 Personen, die dort in Lohn und Arbeit standen. Wenn sich in diesen Zeiten ein Unternehmen oder eine Behörde mit einer auch nur annähernden Zahl von Arbeitsplätzen in Leverkusen niederlassen würde, die Wirtschaftsförderung käme aus dem Jubeln kaum heraus.

Lücke geschlossen

Die Realität jedoch ist in dem "von extremen Bedeutungsverlust gekennzeichneten Bahnknoten Opladen", wie es der Autor in seinem Vorwort unumwunden beim Namen nennt, eine andere. Mittlerweile kämpft das Ausbesserungswerk, was den Eisenbahnstandort Opladen heute noch in erster Linie mit ausmacht, um sein Überleben.
Die Aufgaben eines Bahnbetriebswerkes (Bw) liegen darin, die für die Zugförderung erforderlichen Lokomotiven und das dazugehörige Personal zu stellen. Damit verbunden ist der Unterhalt und die Wartung der dort beheimateten Triebfahrzeuge sowie deren Auf- und Abrüsten vor beziehungsweise nach der Fahrt.
Dabei stellte das Bw Opladen niemals die Maschinen für überregionale Reisezüge, geschweige denn Schnellzüge oder gar internationale Zugläufe. Die Aufgaben lagen vielmehr im Güterzug- und Rangierdienst, während die Beförderung von Personenzügen nur eine untergeordnete Rolle spielte.

Beispiel für Strukturwandel

Aber gerade dadurch eignet sich diese Einrichtung als geradezu repräsentatives Beispiel für den Strukturwandel nach dem Zweiten Weltkrieg bei den Verkehrsträgern im allgemeinen und bei der ehemaligen Deutschen Bundesbahn im besonderen. Denn die Geschichte des Bw Opladen steht stellvertretend für das Schicksal vieler gleichartiger Dienststellen im gesamten Bundesgebiet und auch für viele Bahnbetriebswerke im Bereich der früheren Deutschen Reichsbahn in der DDR. Nur daß sich in den neuen Bundesländern diese Entwicklung nach der politischen und damit verbundenen wirtschaftlichen Wende ungleich schneller vollzog.
Ebenso wird mit der Geschichte des Bw Opladen auch die Aufmerksamkeit auf eine ganze Reihe weiterer Dienststellen und Einrichtungen der Eisenbahn in Opladen gelenkt, welche gleichsam zur Bedeutung des Bahnknotens beitrugen. Heute vom Vergessen bedroht, bildeten sie gleichwohl mit die erforderliche Infrastruktur, welche für den reibungslosen Ablauf des Systems Eisenbahn nun einmal unabdingbare Voraussetzung war und auch noch ist, wenngleich heute unter veränderten Rahmenbedingungen und mittels aktuellem Stand der Technik.

Aufschlußreich für Bahnfreaks ...

Um die Entstehung und Entwicklung des Bw Opladen nachzeichnen zu können, mußte der Autor quasi bei der Stunde Null des Eisenbahnwesens in Opladen beginnen. Die Anfänge der Bergisch-Märkischen sowie der Rheinischen Eisenbahngesellschaften erforderten bereits erste besondere Einrichtungen, aus denen schließlich das eigentliche Bahnbetriebswerk hervorging.
Anhand zahlreicher Übersichtszeichnungen, Gleisplänen und Fotos, darunter auch einige höchst aufschlußreiche Luftaufnahmen, wird der Leser durch die Historie des Bw Opladen geführt.
Dabei kommt der Eisenbahnfreund ebenso auf seine Kosten wie der lokalgeschichtlich interessierte Leser, aber auch jene Spezialisten, denen es beispielsweise um solche Details wie die Nummern derjenigen Lokomotiven geht, die einstmals im Bw Opladen beheimatet waren.
Ein wenig im Dunkeln bleiben die Leistungen, welche die Lokomotiven von Opladen aus in der Zugförderung zu erbringen hatten. Hier war man weitgehend auf Angaben früherer Personale angewiesen, die sich unter anderem auch mit der Schilderung eigener Erlebnisse und Begebenheiten in der Broschüre wiederfinden.

... und für geschichtlich Interessierte

Das Ende als selbständige Dienststelle wurde für das Bw Opladen mit Beginn der sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts eingeläutet. Bis 1968 diente es noch als Außenstelle des Bw Düsseldorf-Derendorf, danach bestand dort noch über etliche Jahre hinweg eine Meldestelle für Triebfahrzeugpersonale, zu deren Tätigkeiten vor allen Dingen der Rangierdienst im Güterbahnhof Opladen gehörte.
Von diesem Güterbahnhof zeugt heute nur noch eine riesige, von Gleisen abgeräumte Brache, die sich östlich zwischen der Bahnlinie Köln-Wuppertal und dem Ausbesserungswerk erstreckt. Seine Aufgaben wurden längst von dem benachbarten Güterbahnhof Köln-Kalk-Nord übernommen -nur ein weiterer Umstand, der den Bedeutungsverlust des einstmaligen Bahnknoten Opladen kennzeichnet.

Ausgedampft

Für die Auflassung des Bw Opladen ist in erster Linie natürlich die Umstellung von der wartungs- und unterhaltsaufwendigen und damit personalintensiven Dampftraktion auf Elektro- beziehungsweise Diesellokomotiven ursächlich. Diese modernen Triebfahrzeuge verfügen über ganz andere Reichweiten und benötigen daher kein so engmaschiges Netz an Bahnbetriebswerken, wie es die Dampflokomotive nun einmal erforderte.
Daneben kann der Leser jedoch auch feststellen, daß das Bw Opladen beispielsweise auch für die Gestellung solcher Kleinlokomotiven zuständig war, die in den umliegenden Bahnhöfen wie Leichlingen, Schlebusch oder Immigrath vorgehalten wurden, um die dort anfallenden Rangierarbeiten abwickeln zu können.
Damals gab es eben noch eine hinreichende Zahl von Unternehmen, die über eigene Gleisanschlüsse angedient werden konnten und noch nicht auf die Straße und damit den LKW als Verkehrsträger setzten. Der Verdrängungswettbewerb von der Schiene auf die Straße war bereits längst in vollem Gange.