Leverkusen

Großes Kaliber aus Bayern

CSU-Generalsekretär Thomas Goppel in Leverkusen

Zu "Wirtschaft und Arbeit aus der Sicht Bayerns" wollten am Mittwoch, dem 13. September, die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU und der Wirtschaftskreis Leichlingen mehr wissen. Zu den zahlreich erschienenen Teilnehmern und Gästen der Veranstaltung in den Räumen der Volksbank Rhein-Wupper in der Herzogstraße in Opladen zählten auch Leverkusens Oberbärgermeister Paul Hebbel (CDU), die Alt-Leverkusener Landtagsabgeordnete Ursula Monheim und der Generalsekretär der NRW-CDU, Herbert Reul. Sie alle erwarteten mit Spannung den Referenten Dr. Thomas Goppel, Generalsekretär der CSU.
Und der frühere bayerische Europa- und Umweltminister und Sohn des langjährigen Ministerpräsidenten Alfons Goppel enttäuschte seine Zuhörer nicht. Mit seiner Mischung aus bayerischem Selbstbewußtsein, Humor und Nachdenklichkeit traf er offenbar genau den richtigen Ton.


Strukturwandel gepackt

In seinen weitgehend frei vorgetragenen Ausführungen belegte er zuerst die wirtschaftliche Stärke Bayerns. Ob es nun die erwirtschaftete Leistung pro Einwohner, die Zahl der Selbständigen, die Exportquote, die ausländischen Direktinvestitionen oder die Ausgaben für Forschung und Entwicklung waren - überall schnitt Bayern besser ab. Ergebnis ist eine Arbeitslosenquote von 5,5 Prozent gegenüber 8,8 Prozent in Nordrhein-Westfalen. Besonders erfreulich - für Bayern: Die fast nicht vorhandene Jugendarbeitslosigkeit. Hauptgrund für diese wirtschaftliche Stärke sei die frühzeitige Einleitung des Strukturwandels. Als Nordrhein-Westfalen noch an der Spitze gestanden habe, sei dort eine gewisse Selbstgefälligkeit eingetreten, während Bayern seit den sechziger Jahren die wirtschaftlichen Schwerpunkte ständig verlagert habe: Vom Bergbau auf den Maschinenbau, von der Elektrotechnik auf die Bio- und Gentechnik. Für Goppel war die Zufriedenheit mit dem Erreichten der schlimmste Feind.
Ein gutes Beispiel hierfür war der Anschluß der Schulen ans Internet. Nordrhein-Westfalen, so Goppel, habe knapp 50% der Schulen am Netz, während in Bayern die Quote bei 90% liege. Und er streute auch noch Salz in die Wunden der Anwesenden: "Auch bei uns liegt einiges im Argen ... manche Computer sind arg veraltet ..."
Überhaupt nahm das Thema Bildung einen breiten Raum ein. Der gelernte Lehrer ließ mehrfach sein Unverständnis über das Konzept der Gesamtschule durchblicken und plädierte für ein vielfältiges Bildungssystem, das sich an den Talenten der Kinder orientiere. Intellektuelle Fähigkeiten würden viel zu häufig auf Kenntnisse in Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen verkürzt. Dabei kritisierte er die auch in Bayern vorhandene Überschätzung des Gymnasiums. Real- und Hauptschule seien eben keine zweitklassigen Lösungen, sondern eigenständige Bildungsangebote, die ganz spezielle Fähigkeiten ansprächen.
Auch innere Sicherheit (bayerische Aufklärungsquote: 64% gegen 48% NRW) und Kultur (120% höhere Ausgaben als in NRW) zählte Goppel zu den positiven bayerischen Standortfaktoren.
Die Problematik des Rechtsradikalismus sah Goppel vor allem in der neu hinzugekommenen Dimension des Internets - der korrigierende Einfluß der Gesellschaft falle hier völlig weg.


Christliches Menschenbild

Zu den Wettbewerbsmerkmalen des 21 Jahrhunderts zählte der 53-jährige auch das europäische, christlich geprägte Menschenbild. In ihm habe jeder Mensch den selben Stellenwert und gleichzeitig einen Anspruch aufs Anders-Sein. Weder müsse sich der Einzelne der Masse unterordnen (wie in Asien), noch würden die Schwachen der Selbstverwirklichung der Starken geopfert (wie in den USA).
Goppel plädierte für die Beibehaltung des Meistertitels und brach eine Lanze für den Mittelstand, der in Bayern 85 Prozent aller Lehrstellen schaffe. Gerade das persönliche Verhältnis zwischen Unternehmer und Auszubildendem sei besonders wichtig. Auch kritisierte er die Steuerreform und dort vor allem die Steuerfreiheit der Veräußerungsgewinne großer Konzerne, die den Mittelstand benachteilige.
Insgesamt fühlten sich die weitgehend mit der Union sympathisierenden Zuhörer auf tiefschürfende und unterhaltsame Art hervorragend informiert. Der schlagfertige und humorvolle Goppel (der leider den mitschreibenden Autor dieses Artikels irrtümlicherweise für einen Journalisten hielt und an ihn stellvertretend sämtliche Mahnungen an die Medien richtete) blieb sogar noch nach Ende der Veranstaltung eine halbe Stunde und mischte sich unters häppchenverzehrende Volk. Wieder einmal war das Vorurteil eindrucksvoll bestätigt, daß die CSU mit politischen Top-Leuten besonders reich gesegnet ist.