Komponieren für Gott in Frankreich


Archivmeldung aus dem Jahr 1999
Veröffentlicht: 15.12.1999 // Quelle: Stadtverwaltung

Nicht übermäßig "christlich" fing es an: Ausgerechnet beim Kartenspiel notierte Hector Berlioz im Jahr 1850 eine Melodie, von der er behauptete, sie stamme von Pierre Ducré, einem angeblichen Leiter der Pariser Sainte Chapelle im späten 17. Jahrhundert. Die kleine musikalische Maskerade - niemand anderes als Berlioz war der Komponist - wuchs sich aus, ganz wie die Wurzel Jesse, deren berühmtester Sproß schließlich ihr Sujet bilden sollte. 1852 nämlich wurde sie das Herzstück - der berühmte "Hirtenchor" - einer Kantate, die sich mit der Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten beschäftigte, und diese fand sich weitere zwei Jahre später inmitten eines Weihnachtsoratoriums mit dem Titel L'Enfance du Christ wieder. Die Werkfolge erhielt die ungewöhnliche Bezeichnung "geistliche Trilogie" (trilogie sacrée) und bestand nunmehr aus den Stationen Traum des Herodes, Flucht nach Ägypten und Ankunft in Sais. Berlioz, der vor allem mit seiner exzessiven, programmatischen Symphonie fantastique aus dem Jahr 1830 Musikgeschichte schrieb, zeigt sich hier von einer überraschend lyrischen Seite. In der Verbindung von bewußten Stilzitaten - Berlioz schwebte ein Werk "in der Manier der alten bebilderten Meßbücher" vor - und zeitgenössischer Tonsprache hat er eines seiner klangschönsten und formal originellsten Werke geschaffen, das etwa Claude Debussy als ein, wenn nicht das Hauptwerk des Komponisten ansah. Trotz manch altertümlicher Wendung, trotz kontrapunktischer Passagen und trotz eines oratorischen Erzählers läßt sich freilich kaum überhören, daß L'Enfance ein Kind des 19. Jahrhunderts ist: hochdifferenzierte Orchesterbehandlung, Elemente der Grand Opéra und eine harmonische Sprache, die sich schwerlich vor 1800 ansiedeln läßt, sind nur einige der faszinierenden "Indizien". Mit den Solisten Dorothee Wohlgemuth (Sopran), Wolfram Wittekind (Tenor), Gerd Grochowski (Baß), Volker Philippi (Baß) und dem Sinfonieorchester Wuppertal wird der Leverkusener Bachchor unter der Leitung seines Dirigenten Michael Porr dieses selten zu hörende Juwel der Chorliteratur am Sonntag, den 19. Dezember 1999, 19.30 Uhr, im Großen Saal des Forums aufführen. Um 18.30 Uhr findet eine kostenlose Einführung im Forum-Vortragssaal statt.

Der Eintrittspreis (4 Preisgruppen) beträgt DM 39,00; DM 37,00; DM 29,00; DM 19,00. Karten sind im Vorverkauf u.a. an der Forum-Kasse - Telefon 4 06-41 13 - erhältlich.


Anschriften aus dem Artikel: Albert-Einstein-Str 58, Alte Landstr 129

Kategorie: Kultur
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