Politik

Schröder: Wir sind wieder wer

Man kann Gerhard Schröder persönlich mögen oder nicht. Manch einem ist sauer aufgestoßen, dass der SPD-Politiker, der als Kanzler für mehr soziale Gerechtigkeit antrat, sich ganz arbeiterklassen-untypisch gefällt: Er präsentiert sich gern mit Designer-Anzug und Cohiba-Zigarre. Nicht gerade konsequent, es sei ihm dennoch gegönnt.

Unangenehm ist es allerdings, dass die persönliche "Note" auch in seinem Handeln als Politiker mehr und mehr durchschlägt. So gefällt er sich gerne als Ratgeber. Zum Beispiel empfahl er seinen Kabinettsmitgliedern Müller und Trittin, ihre Meinungsverschiedenheiten doch mal bei einer Flasche Rotwein auszuräumen. Da der Kanzler momentan keine eigenen Affären am Hals hat, kann er auch der Opposition genüsslich-schadenfroh seine Ratschläge geben.

Richtiggehend Schaden richtet Schröders Art dagegen in der Außenpolitik an. So ignorierte er das von de Gaulle/Adenauer bis Mitterand/Kohl aufgebaute besondere deutsch-französische Verhältnis zur Bewältigung der gemeinsamen kriegerischen Vergangenheit. Stattdessen intensivierte er lieber die Beziehungen zur Regierung seines britischen Gesinnungsgenossen Tony Blair, was von französischer Seite nicht gerade positiv bewertet wurde. Die Befürchtung vieler europäischer Nachbarn nach der deutschen Vereinigung war, dass die Deutschland angesichts seiner Größe in Europa zu dominant würde. Besondere Sensibilität in dieser Beziehung scheint Schröder nicht nötig zu haben. Er bevorzugt die Methode: "Wir sind wieder wer."

Wie viel außenpolitisches Porzellan der Kanzler schon zerschlagen hat, zeigt sich bei der Besetzung von hohen Posten in der EU: Dort werden deutsche Diplomaten immer seltener berücksichtigt.

MW