Politik

Überflüssige Plakate

Nachlese zur OB-Wahl in Köln

Die Kölner CDU kann aufatmen: Fritz Schramma hat die Stichwahl um den OB-Posten in der Domstadt gegen Anke Brunn von der SPD gewonnen. Die neuerliche Wahl um das kommunale Spitzenamt war notwendig geworden, nachdem der Wahlsieger des vergangenen Jahres Harry Blum im Frühjahr verstorben war.
Wichtig für die Union war der Wahlsieg nicht nur wegen des Prestiges, das mit dem Amt verbunden ist und das nun gleich für neun Jahre (bis zur übernächsten Kommunalwahl) zu vergeben war. Vielmehr ging es bei dem Wählervotum auch um die künftigen Mehrheitsverhältnisse im Kölner Rat. Nach dem Wahlsieg im letzten Jahr, der vom Aktienskandal um den SPD-Kandidaten Heugel überschattet gewesen war, konnte sich die CDU gemeinsam mit dem Koalitionspartner FDP auf eine hauchdünne Mehrheit von einer Stimme (inklusive der des OBs) stützen.


Negativ-Rekord

Bei einer Niederlage von Schramma gegen Brunn wäre nun diese entscheidende Stimme verloren gegangen, was den Kölnern nach einer kurzen Unterbrechung wohl eine Wiederauflage der zuvor jahrzehntelangen SPD-Vorherrschaft beschert hätte. Durch Schrammas Stichwahl-Sieg mit etwas ber vier Prozentpunkten ist nun der Weg frei zu weiteren Erneuerung in der Dom-Metropole.
So erfreulich dieses Ergebnis auch sein mag, einige bittere Pillen haben politisch Interessierte angesichts des Urnengangs dennoch zu schlucken. An erster Stelle ist die katastrophale Wahlbeteiligung zu nennen. Lag sie beim ersten Wahlgang am 3. September nur knapp über 40 Prozent, wurde diese Negativmarke zwei Wochen später noch (nach unten) durchbrochen. Gründe für die schwache Wahlbeteiligung gibt es sicher viele. Der Einfluss der Bundespolitik ist ganz gewiss nicht zu vernachlässigen, wobei hier einerseits die andauernde Debatte um den CDU-Spendenskandal und andererseits auch der Frust der Bürger über die Regierung (Spritpreise) zu nennen ist. Sicher hat es auch eine Rolle gespielt, dass die Kölner innerhalb von etwas mehr als einem Jahr zum sechsten Mal zum Knopf Drücken an die elektronischen Wahlmaschinen gerufen wurden.


Zweite Wahl

Ein besonderer Grund für die Wahlenthaltung potenzieller SPD-Wähler war auch die Kandidatin selbst. Meinungsumfragen in den letzten Wochen vor bzw. zwischen den Wahlgängen hatten ergeben, dass Anke Brunn in ihren Reihen wesentlich weniger Unterstützung fand als Fritz Schramma in den seinigen. Kein Wunder, war die Ex-NRW-Ministerin ja auch nur zweite Wahl, nachdem sich keiner der eigentlichen kommunalen Größen der Sozialdemokraten dazu bereit erklärt hatte, die Nachfolge von Heugel als SPD-OB-Kandidat anzutreten. Kaum eine Motivation zu Stimmabgabe war auch das, was der "gemeine" Bürger vom Wahlkampf mitbekam. Die Plakataktionen schienen nur das Ziel gehabt zu haben, die Gesicher bekannt zu machen. Inhaltlich war ihnen kaum etwas zu entlocken. Fotos von Schramma mit einer Zapfpistole und einem passenden Stammtischspruch hatten wohl kaum kommunalen Bezug und auch das Plakat, wo er sich mit FC-Schal zeigte und auf den längst beschlossenen Stadion-Neubau hinwies, sagten nichts über sein künftiges Programm als OB aus. Bleibt ein einziges Motiv, wo der CDU-Mann sich für die Sanierung der Schulen aussprach.


Nullaussagen

Noch weniger aus der Deckung wagte sich Anke Brunn. Die einzige sichtbare kommunale Aussage hieá lange Zeit: "Kölner Bürgermeister fangen mit B an: Burauen, Burger, Blum, Brunn". (Sonderbar, dass der langjährigen Hochschulministerin nicht einfiel, welcher Buchstaben bei Adenauer am Anfang steht...) Da das Stadion-Thema schon von Schramma belegt war, ließ sich die SPD-Frau auf der Baustelle des neuen Hotelhochhauses im Mediapark ablichten. Ansonsten versuchte die ziemlich profillose Frau, auf ihren Plakaten von der Landes- (Foto Brunn/Clement) und Bundespolitik (Spruch: "Aufschwung, Steuerreform,...") zu profitieren.
Ein Wahlkampf der ganz besonderen Art war auch der des FDP-Kandidaten Sterck. Auf seinem Plakat war neben einem Falschfarbenporträt, einer Internetadresse und dem Parteilogo (ganz klein in der Ecke) überhaupt nichts zu erkennen. Ansonsten zog es der Liberale vor, nach Big-Brother-Manier in einem Container auf dem Neumarkt zu hausen.


Chancen verpasst

Eine Überlegung bei der Einführung der Direktwahl der Oberbürgermeister in NRW war gewesen, dass die Bürger dabei keine anonymen Listen, sondern vielmehr konkrete Personen und deren ganz persönlichen politischen Pläne zur Auswahl haben würden. Bei der Kölner OB-Wahl ist es den Kandidaten aber nicht gelungen, diese Chance zu nutzen. Sie hätten ihren potenziellen Wählern klar machen können, dass es gerade hier (wie bei den Kommunalwahlen) darum geht, wer in Zukunft über Dinge entscheidet, die das direkte Umfeld der Bürger betreffen, wie zum Beispiel Straßenbau, ÖPNV und Schulpolitik. Dass Brunn und Schramma auf ihren Plakaten stattdessen auf eine Kombination von Fotos und zumeist belanglosen oder einfach nur dummen Sprüchen setzten, hat die Bürger ganz gewiss nicht zum Gang ins Wahllokal motiviert.


Verdummung?

Vielleicht ist jetzt nicht nur in Köln die rechte Zeit, einmal darüber nachzudenken, mit welchen Mitteln Wahlkämpfe in Zukunft bestritten werden sollten. Der derzeit betriebene Plakatwahlkampf birgt die Gefahr, kontraproduktiv zu werden. Einerseits sind die Inhalte teilweise so primitiv, dass sie ganz gewiss keinen Wechselwähler überzeugen, andererseits ist irgendwann die Grenze erreicht, wo sich auch Stammwähler mehr verdummt fühlen, als dass sie sich noch mit ihrer Partei identifizieren könnten.
Ein anderer Punkt ist die Anzahl der Plakate. Man kann sich des Eindrucks kaum erwehren, dass in den Wahlkampfzentralen Menschen sitzen, die meinen, Wahlen seien durch die schiere Masse an Werbetafeln zu gewinnen. Dass schlecht geklebte Plakate, die womöglich noch Wochen nach der Wahl nicht entfernt sind, eine Antiwerbung par excellence sind, scheint bis in diese Etagen noch nicht vorgedrungen zu sein. Gerade angesichts der knappen Parteifinanzen sollte man die alte Weisheit beherzigen: "Weniger ist oft mehr."