Leverkusen

Saisonziel erreicht

Die Bayer 04-Basketballer blicken auf eine Spielzeit mit Höhen und Tiefen zurück

Bis in die Final-Play-Offs wollte man kommen. Dieses Ziel hatten sich die "Riesen vom Rhein" zu Beginn der jetzt abgelaufenen Spielzeit gesetzt. Umso herber war die Ernüchterung, als man direkt im ersten Bundesliga-Heimspiel eine deftige Zwanzig-Punkte-Niederlage gegen die als eher mittelklassig eingeschätzten Korbjäger aus Braunschweig einstecken musste.
Auch der klare Erfolg in der Qualifikationsrunde des Korac-Cups gegen Racing Luxembourg war da kaum ein Grund zu größerer Hoffnung. In der Korac-Cup-Punkterunde konnte aus sechs Spielen gegen die Teams aus Italien, Belgien und Spanien ein einziger Sieg eingefahren werden. Zwar gingen einige Spiel nur knapp verloren, doch das rechte Glück fehlte den Mannen von Cheftrainer Calvin Oldham immer wieder. So war das europäische Abenteuer schon Mitte November beendet.


Glücksgriff Mike Hansen

Glücklicherweise hatte sich die Situation in der Bundesliga nach der Auftaktschlappe einigermaßen stabilisiert. Gegen die Aufsteiger aus Lich und Hamburg fuhren die Bayer-Korbjäger klare Siege ein und auch in Bamberg konnte man einen ersten Auswärtssieg landen. Schon frühzeitig kristallisierte sich einer der Neuzugänge als wahrer Glücksgriff heraus: Mike Hansen, der Amerikaner mit dem spanischen Pass, sorgte immer wieder für Aufregung, wenn er von jenseits der 6,25-m-Linie zum Schuss ansetzte - und traf! Als wichtige Verstärkung unter den Körben erwies sich auch der vom Lokalrivalen Telekom Baskets Bonn nach Leverkusen gewechselte Steven Hutchinson - ein Kämpfer, wie er im Buche steht.
Schmerzhaft nach dem guten Lauf in der Bundesliga für die "Riesen vom Rhein" war dann, als sich das Aus im Korac-Cup abzeichnete die beiden Niederlagen zuhause gegen Bonn (knapp) und auswärts in Würzburg (deutlich). Die Franken erwiesen sich auch ohne den in die US-Profiliga NBA gewechselten Dirk Nowitzki als gefährliche Mannschaft. Problematisch wurde die Situation dann, als mit Gerrit Terdenge ein wichtiger Spieler am Brett und in der Zone für längere Zeit verletzt ausfiel.


Comeback von Hansi Gnad

Die angespannte Situation stellte die Mannschaft vor eine Herausforderung, die sie aber mit Bravour löste: Ein Sieg in Hagen, zuhause gegen Gießen und dann der 87:84-Sieg gegen den bis dahin ungeschlagenen Tabellenführer aus Berlin ließen die Liga-Konkurrenz aufhorchen. Aufatmen auch bei den Leverkusener Fans, als klar wurde, dass Hansi Gnad, der Center aus der "guten alten Zeit", nach dem Ende seiner Legionärs-Karriere nicht nur die Tribüne, sondern auch das Parkett in der Leverkusener Dopatka-Halle wieder besuchen sollte. Schon in seinem ersten Spiel in Trier hatte er mit fünfzehn Punkten und sechs Rebounds maßgeblichen Anteil am 128:133-Verlängerungs-Sieg seiner neuen alten Mannschaft.
Die Leistungskurve der Bayer-Riesen zeigte nun klar nach oben. Allerdings - es gab auch immer wieder unerwartete Einbrüche, wie die 76:100-"Klatsche" in Hamburg (nach 42:46 Halbzeitstand), eine Heimniederlage gegen Bamberg und das Pokal-Aus gegen den Zweitligisten aus Rhöndorf. Umso verwunderlicher, dass die starken Skyliners aus Frankfurt zwei Mal gegen Bayer den kürzeren ziehen mussten und auch im Auswärtsspiel gegen Bonn endlich wieder ein Sieg im "Kampf um die Macht am Rhein" verbucht werden konnte.
Das Finale der Vorrunde bot dann für die Bundesliga (außer für die einsam ihre Kreise ziehenden "Albatrosse" aus Berlin) Spannung vom Feinsten. Die Teams sind in der Spielstärke mittlerweile so weit zusammengerückt, dass erst nach dem letzten Spieltag die Plätze zwei bis vier für den Einzug in die Play-Offs vergeben werden konnten. Äußerst erfreulich aus Leverkusener Sicht, dass man dabei hinter Vorjahresmeister Alba Berlin und vor den Skyliners und Bonn in die Play-Offs gehen konnte.


Spannung in den Play-Offs

Viel Kampf war bereits im Viertelfinale, das wie die folgenden beiden Runden im Modus "best of five" ausgetragen wurde, gegen den MTV Gießen angesagt. Die Hessen erzwangen ein viertes Spiel in der Stadt an der Lahn und auch dieses konnten die Oldham-Schützlinge mit 85:83 (nach 34:41-Rückstand zur Pause) nur knapp für sich entscheiden. Äußersten Nervenkitzel konnten bzw. mussten die Leverkusener Basketball-Freunde dann im Halbfinale gegen die Skyliners aus Frankfurt erfahren: Angesichts der beiden Vorrunden-Siege gingen die Bayer-Korbjäger wohl zu lässig ins Spiel und kassierten eine 69:79-Niederlage. Damit war der mühsam erkämpfte Heim-Vorteil gleich nach dem ersten Spiel futsch. Im zweiten Halbfinale legten die Leverkusener zunächst einen 17:6-Vorsprung hin, am Ende versagten dann aber doch die Nerven und das Spiel ging mit 63:66 verloren.
So stand man vor dem dritten Spiel mit den Rücken an der Wand. Erschwerend kam hinzu, dass der junge amerikanische Center T.J. Lux, der erst kurz vor den Halbfinals für den vorzeitig entlassenen Le Shell Wilson noch zur Truppe gestoßen war, nach einem Kreuzbandriss außer Gefecht gesetzt war. Als dann auch noch Mannschaftskapitän Steven Hutchinson nach wenigen Minuten mit einer Rippenprellung in der Kabine verschwand, hatten schon viele die Hoffnung auf einen Einzug ins Finale aufgegeben. Doch wieder einmal ließen sich die Bayer-Riesen nicht verdrießen und konnten mit einem 86:73-Sieg in viertes Spiel in Frankfurt erzwingen. Tatsächlich gelang dann mit zwei weiteren Siegen (73:71 n.V., 63:59) die Qualifikation für die Finals gegen den Meisterschaftsfavoriten Alba. Ein 0:2-Play-Off-Rückstand wurde so noch in einen 3:2-Sieg umgewandelt. Eine Leistung, die schon seit längerer Zeit keiner Mannschaft in der Bundesliga mehr gelungen war.


Kein Glück in den Finals

Die Daumen von ganz Basketball-Deutschland (außer Berlin) waren in den Endspielen, die live im Fernsehen übertragen wurden, für Bayer Leverkusen gedrückt. Während man vor drei Jahren vielerorts noch erfreut darüber war, dass Alba den Abonnements-Meister Bayer abgelöst hatte, hatte sich nun die Situation gewandelt: Die Dominanz der Korbjäger von der Spree macht die Liga trotz der leistungsmäßig zusammengerückten Verfolgergruppe nicht gerade spannend. Tatsächlich konnten die Oldham-Schützlinge die beiden Spiele in Berlin (71:75, 81:88) bis zum Schluss spannend halten, doch am Ende hatte die Pesic-Truppe immer das Quäntchen mehr an Glück. Ebenso wie bei dem 48:70-Debakel in eigener Halle war jeweils eine gute Halbzeit nicht ausreichend, um den Berlinern wenigstens ein Spiel abzunehmen. Somit wurde Alba Berlin (verdient) Meister und die "Riesen vom Rhein" hatten noch Höhen und Tiefen am Ende zumindest ihr Saisonziel noch erreicht.
Die Saison 1999/2000 hat gezeigt, dass die Leverkusener Basketballer sich nach einigen mageren Jahren an der deutschen Spitze zurückgemeldet haben. In eigener Halle wurden den Zuschauern spannende Begegnungen geliefert, wenngleich das Leverkusener Publikum auf manche (durch Nachlässigkeiten der Spieler verursachte) spannende Endphasen gerne verzichtet hätte.


Otto Reintjes geht

Für die kommende Saison steht in der Dopatka-Halle eine gewichtige Veränderung an, da der langjährige Manager Otto Reintjes als Generalmanager zum Bundesliga-Dachverband BBL wechselt. An seine Stelle bei Bayer 04 tritt Thomas Deuster, der schon seine aktive Basketballer-Zeit in der Bayer 04-Jugend begann und als Spieler mit den "Riesen vom Rhein" fünf Meistertitel und drei Pokalsiege holte. Im Team selbst stehen einige Vertragsverhandlungen an (Terdenge, Pratesi, Hansen). Hansi Gnad wird wohl noch ein Jahr dranhängen. Sicher wird auch die kommende Saison viele interessante Spiele in der Halle an der Bismarckstraße bieten.

M.W.