Editorial

Reserve nicht notwendig?!

Warum man in diesem Land Klausuren über Stoff schreiben muß, den man nicht kennt

Laut unserer Kultusministerin Frau Behler gibt es ja keinen Unterrichtsausfall.
Was sich aber gerade am Städtischen Berufskolleg Leverkusen abspielt, ist schon fast ein bildungspolitischer Skandal.
Die Klasse 12 steht kurz vor der Abschlußprüfung. Doch seit 4 Wochen fehlt nunmehr eine Deutschlehrerin aus gesundheitlichen Gründen. Von diesem Ausfall sind zwei Klassen der Stufe 12 betroffen. Diese hatten auch schon in der Zeit vor dem Ausfall der Lehrkraft statt 3 Wochenstunden Deutsch nur noch 2. Am Ende der l etzten Woche erfuhren dann die Klassen, dass die kranke Lehrerin die Klausur einreichen und sie schreiben lassen wolle.
Die Schüler nahmen das so nicht hin und fragten den Schulleiter, ob man daran nicht etwas ändern könne. Dieser verstand das Problem der betroffenen Schüler zwar, aber erklärte auch, dass es unmöglich für ihn gewesen sei, für diese Zeit eine Vertretung zu organisieren, da er nicht genau gewußt hätte, wie lange die Lehrkraft ausfallen würde. Für 4 oder 5 Wochen sei eben kein Ersatz zu finden.
Zur Erinnerung: die Abschlußprüfungen finden Ende Mai statt. Die Folge wird sein, dass die Klassen noch vor den Osterferien eine Klausur zu einem Thema schreiben müssen, das sie vor 5 Wochen mal im Ansatz theoretisch behandelt haben. Wie "gut" die Klausur ausfallen wird, steht jedoch jetzt schon fest. Sie kann gar nicht gut ausfallen, da es unmöglich ist, über ein Thema zu schreiben, das man in seinen Einzelheiten und Feinheiten schon längst wieder vergessen hat.
Dass ein Vertretungslehrer in dieser, für die Schüler wichtigsten, Phase des Schuljahrs nicht zu organisieren ist, ist ein absolutes Armutszeugnis für die Bildungspolitik in diesem Land. Warum gibt es keinen "Reservetopf" an den Schulen, damit diese den kurzfristigen Unterrichtsausfall ausgleichen können? Dies wurde sowohl von Elternverbänden als auch von den Schulverbänden schon lange gefordert. Frau Behler lehnte es als nicht notwendig ab und verbaut somit unserer Jugend den Weg auf eine Zukunft voller Perspektiven. Na dann Mahlzeit!