Politik

Der Papst im Heiligen Land

Papst Johannes Paul II. hat im Endstadium seines Pontifikats wieder einmal Geschichte geschrieben. Zuerst das Große Schuldbekenntnis für die vielen Sünden der Christen und der Kirche; und jetzt der Besuch im Heiligen Land.
Beides ist nicht voneinander zu trennen. Vor allem die Aussöhnung mit den Juden ist das große Anliegen dieses Papstes, der in der Nähe von Auschwitz lebte, jüdische Freunde hatte, von denen viele den Holocaust nicht überlebten. Als junger Priester weigerte sich der heutige Papst, die Zwangslage jüdischer Kinder auszunutzen und sie zu taufen.
1986 besuchte er als erster Papst eine Synagoge - noch vor wenigen Jahrzehnten undenkbar. 1994 wurden diplomatische Beziehungen zum Staat Israel aufgenommen. Und jetzt die Reise ins Heilige Land. Damit ist ein Prozeß abgeschlossen, der kirchlicherseits die Juden nicht mehr als verstockte Jesus-Leugner, sondern als "ältere Brüder" betrachtet. "Jesus war Jude" - diese einfache Wahrheit hat der Papst immer wieder verkündet.
Natürlich blieben auch die üblichen Kritteleien nicht aus. So habe der Papst das Schweigen Papst Pius XII. zum Holocaust nicht ausdrücklich getadelt. Dieser Vorwurf ist haltlos. Daß Pius den Antisemitismus verabscheute und selbst Juden rettete, ist bekannt. Er fürchtete, mit flammenden Worten das Gegenteil dessen zu erreichen, was er erreichen wollte - angesichts Typen wie Hitler, Himmler, Eichmann und Co. verständlich. Ob Pius recht hatte oder nicht - wer weiß es? Jedenfalls handelte er nach seinem Gewissen. Und das sollte man anerkennen und ihn nicht unter pauschalen Antisemitismusverdacht stellen, wie es einige schlichte Gemüter aus der sicheren Distanz von 60 Jahren tun.