Leverkusen

Alter Wein in neuen Schläuchen - Vom Transrapid zum Metrorapid?

Quert demnächst eine Magnetschwebebahn Leverkusener Stadtgebiet?

Manche Projekte haben trotz fehlender Umsetzung ein verdammt langes Leben, die Magnetschwebebahn scheinbar sogar mehrere. Dereinst geisterte schon einmal die Trasse einer Magnetschwebebahn durch Leverkusen. Die seinerzeit beabsichtigte Verbindung des Köln/Bonner Flughafens mit dem Düsseldorfer Airport mittels eines Zubringers in Gestalt einer Magnetschwebebahn rief zahlreiche Gegner auf den Plan, die sich teilweise sogar in einer Bürgerinitiative organisierten. Selbst die Politik konnte sich für diesen Plan kaum begeistern. Die damals im Rat verantwortlichen Politiker stimmten dem Vorhaben mehrheitlich nur bedingt zu:
Die Magnetschwebebahn sollte Leverkusen allenfalls nur unter Nutzung der Trasse der Autobahn A3 (Köln-Oberhausen) durchziehen. Diese Forderung wurde vollkommen zu Recht aufgestellt, denn Leverkusen wird nach wie vor von einer Anzahl von Autobahnen und Bahnlinien gekreuzt und durchschnitten, wie kaum eine andere Stadt vergleichbarer Größenordnung im Bundesgebiet. Der Spuk war dann auch relativ schnell vergessen und vorbei.


Der Spuk war schnell vorbei

Fortan beschäftigte eine breitere Öffentlichkeit die Überlegung, die als Fernverkehrsmittel konzipierte Magnetschwebebahn als Transrapid nach Wiedererlangung der Deutschen Einheit zwischen Berlin und Hamburg einzusetzen. Nach Plänen, Planfeststellungsverfahren und entsprechenden Planungskosten sowie mehrfach nach unten korrigierten Prognosen des Fahrgastaufkommens starb das Projekt langsamen und qualvoll. Im Februar dieses Jahres erfolgte schließlich die Beerdigung erster Klasse, da die Kosten der Realisierung davonzulaufen drohten und eine zeitweise erwogene einspurige Streckenführung dem Projekt gänzlich die Aussicht auf nur einen einigermaßen sich wirtschaftlich tragenden Betrieb nahm.
Der Transrapid gilt als eine Art Fetisch für den Wirtschafts- und Industriestandort Deutschland. Von daher durfte er wohl doch nicht so ganz sterben, ein Funken Hoffnung sollte weiter glimmen.


Die nächste Luftnummer?

Die von Seiten der Bundesregierung für die Strecke Hamburg-Berlin zugesagten und in der rot-grünen Koalitionsvereinbarung auf 6,1 Milliarden DM gedeckelten Mittel sollten für eine anderweitige Umsetzung weiterhin zur Verfügung stehen. Davon sind jedoch für das vormalige Projekt bereits eine Milliarde DM "in den Sand gesetzt" worden, so daß faktisch aus der Bundeskasse nur noch 5,1 Milliarden DM zur Verfügung stehen. Nun hat sich die nordrhein-westfälische Landesregierung mit ihrem Ministerpräsidenten an der Spitze statt dessen für eine Magnetbahnstrecke als "Metrorapid" in unserm Bundesland stark gemacht.
Offenbar soll nach der Luftnummer im Norden der Bundesrepublik eine weitere im Rhein-Ruhr-Gebiet folgen. Dabei hat sich ja gerade unsere Landesregierung für "Luftnummern" in einem anderen Zusammenhang hinreichend qualifiziert, bevorzugt sie doch für die eigene Fortbewegung den Luftweg. Wie dem auch sei, unser Ministerpräsident, der sich eben gern in der Rolle des "Machers" gefällt und nicht müde wird, die Innovationsfähigkeit Nordrhein-Westfalens zu preisen, hat sich bei der Bundesregierung in Berlin mit dem Projekt Metrorapid beworben.
Dieser Metrorapid soll zukünftig in den Spitzenzeiten die Menschen entlang der Rhein-Ruhr-Schiene im Endausbau zwischen den Städten Dortmund, Bochum, Essen, Duisburg, Düsseldorf (-Flughafen), Köln (Flughafen) sowie schließlich Wuppertal und Hagen miteinander im Zehn-Minuten-Takt verbinden, bis sich der Kreis dann in Dortmund unter Einbindung des dortigen Flughafens wieder schließen würde.


Über alten Güterzugstrecken

Für die Trassierung stünden weitestgehend alte Güterzugstrecken zur Verfügung beziehungsweise könnte die Einbindung in bestehende Gleiskörper der Deutschen Bahn AG erfolgen. Die Stelzenbauweise entfiele und die Magnetschwebebahn würde folglich auf gleicher Höhe wie die konventionellen Schienenfahrzeuge verkehren. Dabei könnte freilich die technisch mögliche Höchstgeschwindigkeit von vierhundert Stundenkilometern nicht ausgenutzt werden. Durch das Sprintvermögen wäre jedoch gegenüber der S-Bahn und den übrigen Fern- und Nahverkehrszügen eine enorme Fahrzeitverkürzung möglich.
Das klassische Schienenverkehrssystem würde im Betrieb parallel weiter verkehren und nicht etwa durch den Metrorapid in Frage gestellt. Soweit, so gut. Jedoch scheint es innerhalb der rot-grünen Landesregierung nur wenige Verantwortliche zu geben, die über praktische Erfahrung als Nutzer des schienengebundenen öffentlichen Personennahverkehrs verfügen. Woher auch, wenn leitende Herren dort nur an fliegendes Gerät gewohnt sind.
Der gemeine Pendler nutzt S-Bahnen und Regionalbahnen nicht etwa deshalb, weil diese im Gegensatz zum InterCity und InterCityExpress vom Komfort her um vieles schlechter sind, sondern weil sie schlicht und ergreifend an "jeder Milchkanne" halten. Im unmittelbaren Einzugsbereich großstädtischer Hauptbahnhöfe wie Dortmund oder Essen arbeiten die wenigsten Mitbürger. Gerade in den letzten Jahren sind viele Betriebe und Büros aus den Zentren in Vorstädte und Gewerbegebiete verlagert worden. Was nutzt einem da die schnelle Beförderung zwischen zwei Zentren, deren jeweiligen Kern man ja auch erst einmal erreichen muß, wenn man dann die halbe Strecke etwa mit der S-Bahn wieder zurückfahren oder auf weitere Busse oder Straßenbahnen umsteigen muß?
Zudem wird gerne verschwiegen, daß die Mitbenutzung der Bahntrassen zumindest eine nicht unerhebliche Verbreiterung dieser Verkehrswege bedingt. Bei dem beabsichtigten Ausbau der S-Bahn von Köln nach Hagen bedingt der Lückenschluß zwischen Köln-Mülheim und Gruiten in Richtung Wuppertal-Vohwinkel durch die Erweiterung des Bahnkörpers um nur ein Gleis erhebliche Eingriffe in das Umfeld. Allein in Manfort sind dadurch Kleingärten und Vereinsheime in ihrem Bestand gefährdet.


Besser die S-Bahn ausbauen

Eine Magnetbahn würde den Durchmesser einer solchen Trasse um ein Mehrfaches eines einzigen herkömmlichen Gleises verbreitern. Insofern braucht einem vor dem Metrorapid wegen des dafür erforderlichen Planungsrechts, Abstandsverordnungen und nicht zuletzt der Kosten wegen nicht bange zu sein. Der zügige Ausbau und die Erweiterung des im Rhein-Ruhr-Raum gut funktionierenden S-Bahn-Netzes ist verkehrspolitisch und volkswirtschaftlich gesehen allemal sinnvoller.
Aber daß der nordrhein-westfälische Ministerpräsident an schlagzeilenträchtigen Prestigeobjekten einen Narren gefressen hat, beweist schon der Skandal um die HDO-Gründung in Oberhausen, wo für eine Handvoll Arbeitsplätze über hundert Millionen Mark an Steuergeldern flossen. Dieses Geld wäre besser beim Mittelstand angelegt gewesen.
Übrigens, die am Transrapid beteiligte Großindustrie wie der Thyssen-Krupp-Konzern hält sich zum Thema Metrorapid seltsamerweise sehr bedeckt.