Leserbrief

Lieber Dominique,
wie jede Politeia-Ausgabe habe ich auch die aktuelle Nr. 199, die heute meinen Briefkasten erreichte, verschlungen. Allerdings habe ich mich noch nie über eine Stellungnahme so sehr aufgeregt wie über Deine. Ich unterstelle - und nun meine ich es wirklich gut mit Dir -, dass Dir die Reife und das Fachwissen fehlten, als du Deine Stellungnahme abgegeben hast.
Nur so läßt sich meiner Meinung nach nachvollziehen, wieso ein junger intelligenter Mensch - für so einen halte ich Dich nämlich - schreibt, in 10 Jahren könne bei uns Anarchie herrschen. Viel schlimmer und erschreckender ist allerdings Deine Aussage, die Strafmündigkeitsgrenze müsse auf 12 Jahre gesenkt und die amerikanische "Zero-Toleranz"-Strategie eingeführt werden. Die müßige Diskussion um die Absenkung des Strafmündigkeitsalters wurde - das weißt Du anscheinend nicht - glücklicherweise Ende der 80er Jahre beendet. Hätten wir ein Strafmündigkeitsalter von 12 Jahren und die ersten "Straftaten" nach Einführung dieser Grenze würden von 11-Jährigen begangen, würden sofort Stimmen laut, die ein Strafmündigkeitsalter von 10 Jahren forderten, usw. "Auge um Auge, Zahn um Zahn" - das kann es doch nicht sein.
Im übrigen solltest du froh darüber sein, dass bei uns keine amerikanischen Verhältnisse herrschen, sonst würdest Du sicherlich in einer der nächsten Ausgaben über 9-jährige "Straftäter" berichten, die in Erwachsenenstrafanstalten unter Erwachsenen untergebracht würden; das wollen wir doch sicherlich auch nicht.
Meine Bitte lautet daher: Bevor Du demnächst solche "Stammtischparolen" auch noch schriftlich von Dir gibst, solltest Du Dich etwas besser mit der Materie beschäftigen.

Hallo!
Mir fehlte in keiner Form das Fachwissen (natürlich habe ich weder Pädagogik noch Jura studiert). Aber ich gehöre nicht zu der Art Redakteure, die einfach mal eben einen Artikel schreiben, ohne sich vorher zu erkundigen. Wenn es mal nicht geht, steht auch kein Artikel von mir in der POLITEIA.
Und in diesem Gebiet fiel mir auf, daß solche Straftaten mehrfach ungestraft bleiben. Weil das Kind es ja noch nicht wissen konnte, weil es so etwas von zu Hause gewöhnt ist usw.
Deswegen bin ich für eine Verschärfung der Gesetze in dieser Hinsicht. Damit meine ich nicht, daß Kinder wie Erwachsene behandelt werden sollen, sondern daß es einfach nicht vorkommen darf, daß ein 12-jähriger nach einem Ladendiebstahl zum Polizisten sagt: "Pach mich nischt an, Alter, isch kann noch nischt in den Knast. Du Arsch!!!"
In solchen Fällen muss man davon ausgehen, daß er wusste, was los ist. Und dann soll er auch bitte so bestraft werden. Sonst kann ja jeder unter 14 im Laden klauen, Leute zusammenschlagen etc.
Aber um von Kindern wegzukommen: Es darf auch nicht passieren, daß ein Vergewaltiger freigesprochen wird, weil er in seiner Kindheit ein gestörtes Verhältnis zu Frauen hatte. Vielleicht überlegst du dir ja noch einmal den tieferen Sinn dieser Meinung. Aber ich kann auch mit anderen Meinungen leben. (Auch wenn öfter das Gegenteil behauptet wird...)
Bis dann,