25 Jahre Städtepartnerschaft mit Chinandega/ Nicaragua


Archivmeldung aus dem Jahr 2011
Veröffentlicht: 22.04.2011 // Quelle: Stadtverwaltung

Vor 25 Jahren: Unterzeichnung der Urkunde
Am 9. Dezember 1986 unterzeichneten Leverkusen und Chinandega/ Nicaragua die Urkunde zur Begründung einer Städtepartnerschaft. Erklärtes Ziel ist laut Urkunde „die Verständigung zwischen den Menschen in einer Industrieregion Westeuropas und der Entwicklungsregion Zentralamerikas zu fördern.“ Die Stadt Leverkusen erklärt sich bereit, „kommunale Projekte, die zu besseren Lebensbedingungen der Einwohner Chinandegas führen können, im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu unterstützen.“ Beide Städte legen dabei „besonderes Gewicht auf die Beteiligung der Bürger beider Städte.“

Nach Oulu/ Finnland (1968), Bracknell/ England (1973), Ljubljana/ Slowenien (1979), und Nazareth-Illit/ Israel (1980) ist es die fünfte von heute acht Partnerstädten.
Es ist für Leverkusen die erste außer-europäische Städtepartnerschaft (Israel liegt in Europa?).

25 Jahre später zogen die Stadt Leverkusen und die Nicaragua-Arbeitsgruppe Leverkusen e.V. gemeinsam Bilanz und stellten ihre Pläne für das Jubiläumsjahr 2011 vor. Dass die Städtepartnerschaft in der Leverkusener Bevölkerung breit verankert ist, machten auch die Repräsentanten von Schulvereinen deutlich, die Partnerschaften mit Schulen in Chinandega unterhalten: der Eine-Welt-Kreis an der Lise-Meitner-Schule e.V. und „horizontes e.V“., Eine Welt- Gruppe der Gesamtschule Leverkusen Schlebusch.


Pläne im Jubiläumsjahr
In Leverkusen ranken sich um das Jubiläum mehrere Fixtermine:
• April 2011: Start der „Campaña Cien“: Hilfsaktion im Jubiläumsjahr für Kinderarbeiter in Chinandega
• 11.-15.07.2011, Präsentation der Chinandega-Projekte beim Weltgarten des Eine-Welt-Netz NRW
• Der Eine-Welt-Verein an der Gesamtschule Schlebusch, „Horizontes e.V.“ wird bei mehreren Basaren auf die Projekte der Schulpartnerschaft aufmerksam machen. Auch ist ein Teil der Spenden aus dem jährliche Sponsorenlauf „Karawane“ der Gesamtschule Leverkusen-Schlebusch für die Schulpartnerschaften mit Chinandega vorgesehen.
• Juni/ Juli Wechsel der Jugendlichen, die ein Jahr im Freiwilligendienst des Auswärtigen Amts („Weltwärts“) bei der gemeinnützigen Hilfsorganisation „Chinantlán“ in Chinandega mitarbeiten. Rico Nollmeyer, der aktuell in der Presse regelmäßig berichtet, wird von Leonie Stonner (Landrat-Lucas-Gymnasium) abgelöst.
• Für 03./04. September ist das traditionelle Fußballturnier um den Chinandega-Cup geplant: ein Benefiz-Wochenende mit Rahmenprogramm.
• 1. Dezember, Welt-Aids-Tag: Informations- und Spendenaktion der Aids-Hilfe Leverkusen zugunsten von Betroffenen in Chinandega
• Am 9. Dezember 2011 jährt sich die Unterzeichnung der Städtepartnerschaft.
Der 25. Jahrestag wird mit einem Jubiläumsfest in Leverkusen gefeiert.
Geplant ist ein Konzert im „Kultur-Ausbesserungswerk“ am 10.12.2011.

Spendenaktion im Jubiläumsjahr
Zum 25-jährige Bestehen der Städtepartnerschaft rufen die Stadt Leverkusen und die Nicaragua-Arbeitsgruppe Leverkusen e.V. gemeinsam zu einer außergewöhnlichen Spendenaktion zugunsten der Partnerstadt auf:

10 Euro im Monat sind nötig, um einem Kind in Chinandega den Besuch der Grundschule zu ermöglichen. So viel kostet die Grundausstattung für ein Schulkind sowie eine Unterstützung für den Lebensunterhalt. Denn arme Familien in Chinandega können das Geld für einen Schulbesuch nicht aufbringen und sind darauf angewiesen, dass schon Kinder zum Lebensunterhalt mitverdienen.
Bis zum Jahrestag der Unterzeichnung der Partnerschaft sollen genug Hilfsgelder gesammelt werden, um hundert Kinderarbeitern den Schulbesuch zu ermöglichen: Daher der Name „Campaña Cien“ (auf deutsch: Aktion 100.)

Fachlich und organisatorisch begleitet wird die Hilfsaktion von der örtlichen Hilfsorganisation „Chinantlán“. Diese wurde im Jahr 2000 von den europäischen Partnerstädten Leverkusen und Eindhoven /NL gegründet, um zuverlässige Ansprechpartner in Chinandega zu haben. „Chinantlán“ hat sich seitdem zu einer international anerkannten Hilfsorganisation entwickelt.

Ansprechpartner in Leverkusen ist der gemeinnützige Partnerschaftsverein „Nicaragua-Arbeitsgruppe Leverkusen e.V.“
Konto Nr.: 100010180
bei der Sparkasse Leverkusen, BLZ: 37551440
Stichwort: Campaña cien
Steuerabzugsfähige Spendenbescheinigungen werden auf Wunsch ausgestellt. Dazu werden Name und Anschrift der Spender benötigt.

Angestoßen wurde die Aktion von einer jungen Leverkusener Mutter, die durch einen Presse-Artikel auf das Schicksal der Kinderarbeiter aufmerksam wurde. Sie habe zwei Kinder und wolle aktiv werden, um etwas von ihrem Glück weiterzugeben, erklärt Initiatorin Kirsten Jacobs.

Die Aktion, Ansprechpartner und Spendenkonto werden detailliert in dem Flyer „Campaña Cien - 100 Schulpakete für Chinandega“ vorgestellt.



Erfolgreiche Bilanz
Die mit Leverkusener Spenden aufgebauten Projekte werden regelmäßig von Leverkusener Mitgliedern der Eine-Welt-Kreise der Schulen und der Nicaragua-Arbeitsgruppe begutachtet, die auf eigene Kosten in die Partnerstadt reisen.
Auch Leverkusener Jugendliche, die im Partnerschaftsbüro ein einjähriges freiwilliges Jahr absolvieren, berichten regelmäßig über die Fortschritte. Diese werden auch auf der Webseite von „Chinantlán“ ausführlich dargestellt.
s. www.chinantlan.org

Die Ergebnisse seiner Inspektionsreise vom Januar 2011 stellte Wolfgang Heep, Vorstandsmitglied und Schatzmeister der Nicaragua-Arbeitsgruppe, bei einem Pressegespräch vor. Er zog eine positive Bilanz:

„Während des Aufenthaltes in Chinandega habe ich die unterschiedlichsten Projekte unserer Partnerorganisation "Chinantlan" besucht. Und ich war sehr beeindruckt von der Entwicklung der Organisation und der Akzeptanz in der Bevölkerung von Chinandega. Javier Espinoza hat ein tolles, motiviertes Team, das in fast allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens vertreten ist. Dabei wurden Experten für die verschiedenen Bereiche (Gesundheit, Schulpartnerschaften, Produktion, Mikrokreditwesen,...) entwickelt, die über ein großes Wissen verfügen und über die unterschiedlichsten nationalen und internationalen Kontakte. Dabei werden Fördermittel verschiedenster Organisationen wahrgenommen. Abschließend muss ich feststellen, dass die Saat unsere langjährige Arbeit und dazu gehört auch die der Stadt Leverkusen, in Gänze und nachhaltig aufgegangen ist. Dabei war weniger in den letzten Jahren unsere monetäre Unterstützung von Bedeutung für Chinantlan, sondern eher die ideelle, solidarische, deren Bedeutung nicht zu unterschätzen ist.

Zudem hatte ich Kontakt zu einem der vier von der Stadt ausgebildeten Ingenieure aus Chinandega, der im Rahmen eines Förderprogramms in Leverkusen war. Er ist jetzt Leiter der Kläranlage in Managua. Auch in diesem Bereich kann die Stadt Leverkusen auf Erfolge hinweisen.“


Veränderung der Entwicklungszusammenarbeit
Die Hilfe für Chinandega hat innerhalb von 25 Jahren eine Entwicklung erfahren.

In den ersten Jahren der Partnerschaft von 1986 bis 1990 waren die Hauptthemen Teilnahme der Bevölkerung an Solidaritätsaktivitäten. Während dieser Periode wurden Hilfen für Hausbau und Schulen gegeben. Gesundheitserziehung und Alphabetisierungskurse. Auch Container mit Hilfsgütern wurden verschickt, Nähmaschinen für Existenzgründungen, Kleidung für die Ärmsten, Krankenwagen, Krankenhausbetten u.a.

Ab 1990 trat die Schaffung einer Infrastruktur in den Vordergrund.
Mit Leverkusener Hilfe erhielten mehrere Stadtteile eine Wasserversorgung und hygienische Abwasserbeseitigung durch Latrinen. Dieses Großprojekt wurde durch Förderung der Europäischen Union möglich. Bei Abschluss des Projektes konnten 8.000 Personen von sauberem Trinkwasser profitieren. Mehr noch: inzwischen sind die Wasser-Genossenschaften wirtschaftlich so erfolgreich, dass sie selbständig die Wasserversorgung ausweiten konnten.
Viele Projekte schlossen die Mitarbeit der Bevölkerung bei der Ausführung mit ein, z.B. das Ausheben von Gräben für die Wasserleitungen.

Auch Frauen wurden mit Hilfe zur Selbsthilfe unterstützt. Bekanntestes Beispiel sind eine Frauenschreinerei, die vor Ort Schulmöbel schreinerte, und die Produktion von ökologischem Fruchtwein. Die Projekte reichten von revolvierenden Fonds für Bauersfrauen bis zu finanziellen Hilfen für Betriebsführungskurse. Heute können diese Projekte mehrere Familien ernähren. Die mit Leverkusener Anschubfinanzierung entstandene Kooperative für ökologischen Fruchtwein bietet seine Produkte in Supermärkten im Land und in den USA an.

Katastrophenjahr 1998:
Der verheerende Hurrikan „Mitch“ (er steht in der Wettergeschichte als tödlichster Atlantik-Sturm an 2. Stelle) richtete im November 1998 ungeheure Schäden in Chinandega an. Besonders betroffen waren ländliche Stadtteile an den Hängen des Vulkans „Casitas“, dessen Krater durch die Wassermassen auseinanderbrach und mehrere Dörfer unter tödlichen Schlammlawinen begrub. Leverkusen konnte in einer beispiellosen Spendenaktion Hilfsgelder sammeln, die eine internationale Hilfsaktion der Partnerstädte möglich machte: Gemeinsam halfen Leverkusen und Eindhoven beim Wiederaufbau von drei Dorfgemeinschaften, wobei sie jeweils ihr Know-How einsetzten: Leverkusen bei der Wasserver- und entsorgung, Eindhoven beim Hausbau.

Im Jahr 2000 wurde auf gemeinsame Initiative der Partnerschaftsvereine aus Leverkusen und Eindhoven in Chinandega das gemeinsame Büro der Gruppe „Chinantlán“ eröffnet. Dieses Büro zur Selbsthilfe hat sich zu einer professionellen Hilfsorganisation entwickelt, das vielfältige soziale Projekte betreut und dabei inzwischen auch Aufbauprojekte im Auftrag internationaler Organisationen und Ministerien durchführt, zum Beispiel der EU, Japan und Italien.

Auch bei der Entsendung von Fachleuten haben sich die Verhältnisse geändert.
Zu Fragen Abfall- und Abwasserwirtschaft erhielten vier Ingenieure aus Chinandega eine einjährige fundierte Ausbildung u.a. bei den Technischen Betrieben Leverkusen und Wupperverband. (Finanzierung über die Carl-Duisberg-Gesellschaft) Sie sind heute erfolgreich in verschiedenen Feldern tätig:
Javier Nuñez Cano arbeitet verantwortlich bei einem Wasserwerk in Managua bei einer Firma die den Auftrag bekommen hat den Managuasee zu säubern (einem deutschen Entwicklungshilfeprojekt);
Seine Kollegen arbeiten beim Umweltministerium in Chinandega, bei einer Mikrokreditbank und einer hat sich selbständig gemacht.

Im Gesundheitswesen gilt die Leverkusener Asthmahilfe in Nicaragua als Beispiel für gelungenen Wissenstransfer: zwei Leverkusener Ärzte entwickelten mit ihren nicaraguanischen Kollegen ein Schulungsprogramm zur Prävention, das im Schneeballverfahren in Gesundheitszentren verbreitet wurde.

In der Kommunikation machen sich die technischen Veränderungen besonders bemerkbar. Während in den Anfängen der Städtepartnerschaft die Mitteilungen mit Telex übermittelt wurden, besprechen sich die Kooperationspartner heute selbstverständlich über „Skype“-Internetkonferenz.


Anschriften aus dem Artikel: Albert-Einstein-Str 58, Alte Landstr 129

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