Lifestyle

"How do you do?"

Deutscher Jungendwahn in englischen Worten

Na, letztes Wochenende mal richtig abgedanced. Oder einfach nur ein cooles Movie im Fernsehen gesehen? Nein? Dann bist du wohl nicht ganz up to date, denn Internationalität ist in. Nur wer sogenanntes Deutsch mit möglichst vielen englischen Wörtern beherrscht, wird überhaupt noch ernst genommen.

Schon die Kids draußen auf der Straße, sorry, die Streetkids unterhalten sich nur noch in lässigem MTV-Slang. Dieser Trend treibt seine Blüten insbesondere in der Werbe- und Modebranche. Welcher Look denn jetzt in ist, daß erfahren wir nicht nur in der neusten Haarspraywerbung. Wer erinnert sich nicht an Kaiser Franz und sein "Free & easy Christmas-Set" von E Plus. Täglich nervte uns Franzel mit seinem herrlich harten Deutschenglisch, bis wir uns alle wünschten, daß "christmas" denn endlich vorbei wäre.
Obwohl, den besonderen Reiz, Pardon das abgefahrene Feeling, seine Kundschaft mit einem internationalen Anstrich zu versehen, möchte auch die Deutsche Telekom nicht missen. Wortschöpfungen, wie Call by call - Pre selection, Citycall, HolidayPlus gehören schon zum festen Wortschatz des Unternehmens. Und da Kinder-Country mit Frühstückscerialien aufgepeppt ist, haben wir inzwischen auch gemerkt. Überhaupt - Diät ist out, diet and light sind in.
Wenn der Absatz von Lauf- und Rollschuhe beispielsweise nicht läuft, dann werden daraus ganz schnell Power-Walking-Boots und Inline-Skater. Das Zeug verkauft sich nun wie verrückt.

Englisch ist in, nicht nur in der Werbebranche. Peinlich nur für die 35 Millionen Deutschen, die Englisch bestenfalls lückenhaft beherrschen. Ich stelle mir gerade Irma F. aus Siegburg, 65 Jahre alt vor, die vor einer Packung Ariel "Megaperls" mit Anti-Ageing-Effekt" steht und sich fragt, wo das gute alte Vollwaschmittel geblieben ist. Es ist auch bestimmt nicht lustig einen Dolmetscher zu benötigen, um seine Telefonrechnung zu entziffern.
Die Franzosen führten deswegen eine radikale "Ausmistung" ihres Wortschatzes durch. So wanderte das "Fastfood" auf den Müll und wurde durch ein neugestaltetes "Essen von der Stange" (natürlich in französisch) ersetzt. Einfach radikal.

Man sollte mich nicht falsch verstehen. Auch ich benutze englische Fremdwörter, aber man sollte sich hin und wieder mal die Mühe machen, ein deutsches Wort zu verwenden. Das kann mitunter viel "cooler" sein.
Und die Werbebranche sollte sich mal fragen, ob es sinnvoll ist, ein in Deutschland, von Deutschen hergestelltes Produkt, das es auch nur in Deutschland zu kaufen gibt, in englischer Sprache anzupreisen.
Klar, es sollen vor allen Dingen die kauffreudigen Jugendlichen angesprochen werden. Doch langsam nervt dieser anbiedernde Jugendwahn. Deutschland hat immer wieder fremdsprachliche Ausdrücke in seinen Wortschatz aufgenommen. Doch das aktuelle Pavian-Deutsch, wie es schon von Sprachforschern genannt wird, grenzt immer mehr Menschen aus, die kein Englisch verstehen.

MiWi

Leserbrief in Ausgabe 191